Sonntag, 22. Juli 2012

Neustart


Das Gute zuerst. Ich bin in diesem Jahr im Vergleich sehr oft segeln. Manchmal alle zwei Wochen. Manchmal jede Woche. Wenn kein Wind ist und die Sonne scheint, fahr ich am Wochenende trotzdem sehr gern raus und liege einfach nur vor Anker in der Sonne oder im Wasser. Und wenn guter Wind ist aber wie in diesem Sommer häufiger Temperaturen von unter 20°, dann fahre ich eben die meiste Zeit nur so herum. Sogar bei über 50km/h in Böen war ich schon draußen und traue mir mit Geli innzwischen mehr zu. Die Angst und der Respekt – beides ist immer noch etwas zu viel vorhanden denke ich, aber es wird besser. Das Maststellen in diesem Frühjahr habe ich dank der ausgefeilten Technik des Mastlegens im letzten Jahr mit Bravur alleine in der reversiven Form hinbekommen. Einzig beim Aufrichten muss ich mir für das nächste Mal noch einen Trick einfallen lassen, weil es sehr schwer ist, mit dem Mast auf der Schulter von der Plicht auf das Kajütdach zu kommen.

Die großartigste Neuigkeit jedoch ist, dass ich dieses Jahr wieder auf dem Meer segeln werde. Eine Oceanis 323 ist gebucht für die Fahrt in der dänischen Südsee. Lang habe ich überlegt, mit wem ich das machen könnte. Es gab einige, die ich hätte fragen können, aber irgendwie hatte ich bei der Person, die ich letztlich gefragt hatte, doch mit Abstand das größte Bedürfnis und das beste Gefühl. Begleiten wird mich mein Vater, der bald 70 wird und noch fit genug ist, für so einen kleinen Törn. Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir haben zwar Sorge, dass wir uns gegenseitig auf den Keks gehen, aber ich bin zuversichtlich: Mein Plan ist, dass ich ihn soweit trainiere, dass er bei unkompliziertem Wetter das Boot steuert und ich ein wenig rumdöse. Naja, wir können uns ja auch mal abwechseln.
Kommen wir zum Schlechten. Möglich geworden ist alldas durch den traurigen Umstand einer Trennung. Und so kommt es, dass ich die ganze Segelei gar nicht mehr so richtig mit guter Laune erleben kann. Wenn ich auf dem Schiff bin, kommen diese Gedanken hoch, dass ich doch ein komischer Kauz sein muss, dass ich andauernd alleine herumfahre. Es gäbe sicherlich Optionen, all das zu teilen, aber mit Leuten bei denen man wohl auf einer unterschiedlichen Ebene zusammen erlebt und fühlt und träumt. Damit betrügt man sich am Ende ja nur selbst.
Ja, wenn man diese Leidenschaft auf der selben Ebene teilen könnte, wäre das sicherlich viel wert. Immerhin, ich muss jetzt nicht mehr zurückstecken, aber es ist alles andere als ein Hurra-Erlebnis, dass ich nun wieder ohne Verhandlungen und Diskussionen dieser Leidenschaft nachgehen kann. Alleine will ich nicht um die Welt. Aber wer hält es mit mir aus, 3 Jahre auf so einem kleinen Schiff? Vielleicht nicht mal ich selbst.
Dabei bin ich was die Rahmenbedingungen angeht auf einem guten Weg dahin. Zum Jahresanfang hab ich den Job gewechselt und habe nun eine reelle Chance, auf den Traum hin zu sparen. Aber was, wenn ich am Ende allein dastehe, wie viele von diesen verlorenen Seglern, die irgendwo in der Karibik enden und nur noch heim wollen und von denen die Weltumsegler immer in ihren Büchern schreiben.
Weg mit diesen Gedanken: Jetzt wird nach vorn geschaut. Ich muss endlich meinen Sextanten zusammenbauen und die Astronavigation lernen. Außerdem will ich Spisegeln lernen und den nächsten Schein machen. Lars hat Ähnliches vor, vielleicht ergibt sich daraus eine gute Lerngemeinschaft im nächsten Jahr. Und überhaupt: Jetzt wird sich erstmal auf den Sommerurlaub gefreut!
Mit diesen etwas durchwachsenen Worten verabschiede ich mich in den Sonntag, nicht jedoch ohne die letzten Handy-Bilder meiner letzten Fahrt mit Geli hinzuzufügen! (Ich gebe zu, bei einem Bild habe ich geschummelt und die Sonnenbrille vor die Linse gehalten - ja, so sehe ich die Welt wenns mir gut geht ;))