Dienstag, 19. Oktober 2010

Jörg A. Herber: Albatrosse morden nicht

Man könnte meinen, ich werde regelrecht zum Büchernarr. Eigentlich lese ich doch so überhaupt nicht, aber ein Wellnesswochenende, zu dem mich Moli überredet hat, führt nun doch dazu, dass ich wieder eins meiner schon staubigen ungelesenen (Segel-) Bücher aus dem Regal geholt habe. Niemand berühmtes hat dieses Buch geschrieben, kein besonderer Autor – zumindest für die Allgemeinheit. Ich habe mir das Buch unmittelbar nach meinem SKS-Praxistörn gekauft. Und das hat damit zu tun, dass der Autor niemand anderes ist, als der Skipper. Ich wollte mehr über ihn und über seine Kap Hoorn Rundung erfahren, von der er auf unserem Törn erzählte. Und auch wenn dieses Buch Fiktion ist, dachte ich, stehen da doch auch ein paar seiner Erfahrungen drin, von denen ich lernen will.
Und so kam es dann auch: Immer wieder im Buch entdecke ich Geschichten und Ansichten, die mir aus den Erzählungen des Skippers sehr bekannt vorkommen. Schon bald steht für mich fest: In diesem Buch könnte viel mehr Realität stecken, als in „Meereslust“, dessen Autor sich ja durch einen hohen fiktiven Anteil seines eigentlich realitätsnahen Berichtes einen Namen gemacht hat. „Albatrosse morden nicht“ strotzt nur so von seglerischen, aber vor allem auch psychischen Grenzerfahrungen an Bord bei einem solch gefährlichen Unternehmen wie der Kap Hoorn Rundung.
Nebenbei – so sehe ich das aus meiner Perspektive – gibt es eine kleine Kriminalgeschichte, die aus verschiedenen Perspektiven erzählt wird, die am Ende zusammenfließen. Richtig gut gemacht! Die Geschichte und die Erzählweise packt mich und ich kann einfach nicht aufhören, dieses Buch zu lesen. Einmal stehe ich in der Nacht auf und muss weiterlesen, weil ich nicht abwarten kann wie es weitergeht.
Die Differenzierung zwischen Fiktion und Wirklichkeit wird zum Spannungstreiber im Buch, die Spannung bleit bis zuletzt erhalten. Und ich frage mich, wie viel Wirklichkeit von der tatsächlich vom Skipper Jörg unternommenen Kap Hoorn Rundung dabei war. Ich frage mich, ob auch er einen derart militärisch geprägten Freund und Skipper an Bord hatte – erklären könnte man seine Art in der Ausbildung damit schon ein bisschen. Ich überlege, ob ich ihm einfach mal schreibe. Aber dafür bin ich dann wohl doch irgendwie zu feige. Fünf von fünf Sternen würde ich dem Buch geben!

Dienstag, 12. Oktober 2010

Hauke Trinks - Leben im Eis

Es ist schon länger her, dass mir dieses Buch empfohlen wurde. Fast schon ein Jahr wähnte es sich des Schicksals vieler der Bücher, die bei mir im Schrank stehen: Ungelesen im Bücherregal zu verstauben. Dank zahlreicher S-Bahnfahrten und der Abwesenheit meines Fahrrades am Gast-Wohnort meiner Wahl kam ich jedoch irgendwann dazu, auch dieses Buch endgültig zu verschlingen.
Es ist keins der typischen Segelbücher – und dennoch dreht sich die Geschichte um einen allzu typischen Segler. Diese Segler haben irgendwann alle die Nase voll und wollen fliehen – vor dem Alltag, ins Ungewisse, wollen sich selbst finden. So auch Hauke Trinks – Er floh jedoch nicht auf der Barfussroute in den warmen Süden, nein, der Protagonist wollte sich mit seiner Stahlyacht in Spitzbergen einfrieren lassen und dort in der Polarnacht überwintern – um der Wissenschaft zu dienen. Das hat er auch geschafft.
Die Entstehung des Lebens im Eis war die Motivation des Autors, doch mal ganz ehrlich: die ganzen (zahlreichen) wissenschaftlichen Passagen im Buch interessieren herzlich wenig. Spannend ist vielmehr, wie dieser Einhandsegler sich in das ungemütlichste Terrain vorwagt und ganz allein auf sich gestellt in der Wildnis überleben will. Die Erzählungen erinnern mich viel mehr an „Into the Wild“ als an ein Segelabenteuer. Spannend sind die Erzählungen, sich in der Natur durchzuschlagen, mit den Eisbären ums Revier zu kämpfen und vor allem sich selbst und die Einsamkeit nicht zum größten Feind werden zu lassen. Fast zum Nebenbeiprodukt werden die Erzählungen über das Schiff und das Segeln. Nur in Nebensätzen erfährt man von der Atlantiküberquerung und über andere Reisen des Autors.
Wie öfter bei Weltumseglern zu lesen ist, scheint es dieser ehemalige Uni-Chef nach seiner Reise schwer gehabt zu haben mit dem Einleben in die Gesellschaft. So eine Reise verändert doch sehr stark, zeigt wie lächerlich unser hier und jetzt mit all den Terminen und Präsentationen und wichtigen Telefonaten eigentlich ist, wenn man mal in der Natur einfach nur mit der Beschaffung von Nahrung und mit dem Überleben beschäftigt war.

Ich für meinen Teil will diese Erfahrung jedoch lieber in der Südsee machen als am Nordpol. Auch finde ich Robben viel zu süß, als dass ich sie schlachten und essen könnte, so wie es Hauke Trinks nicht nur verbal sondern auch mit Bildern im Buch dokumentiert. Mal sehen, ob’s klappt.