Montag, 29. März 2010

Ein Kolumbus auf der Havel

In einem anderen Artikel der Kategorie „Wie alles anfing“ machte ich die Bemerkung, dass ich schon seit frühester Kindheit diesem Traum hinterherjage, dem Traum um die Welt zu segeln. Doch was ist nun der wirkliche Ursprung all dessen? Ein Großvater, der die Weltmeere unsicher machte? Das Familiensegeln mit meinen Eltern? Sehnsüchtiges Verweilen auf der Landkarte?
Nun ja, einen Großvater hatte ich nie. Und meine Eltern waren begeisterte Camper, hatten mit dem Segeln jedoch nichts am Hut. Meine Leidenschaft für Landkarten entdeckte ich erst so richtig im Geographieuntericht in der 3. oder 4. Klasse.
Nein, die Ursache für alles liegt vielmehr in einem Kinderbuch, das mir wahrscheinlich meine Eltern geschenkt haben, als ich vielleicht 7 oder 8 Jahre alt war. Viel jünger kann ich nicht gewesen sein, denn mit 7 bin ich in die Schule und erst dort habe ich das Lesen gelernt. Viel später kann es auch nicht gewesen sein, denn bereits mit neun Jahren habe ich mich als Ruderer versucht, obwohl ich doch damals eigentlich schon eben wegen dieses Buches Segler werden wollte.
Heute, wahrscheinlich um die 25 Jahre später, hab ich dieses Buch ein zweites Mal gelesen. Erinnerungen hatte ich dabei nur an wenige Details. Aber dem Zauber, den das Buch auf mich hatte, wollte ich noch einmal auf den Grund gehen.
Die Geschichte ist einfach: Papa Oskar und Tochter Nannerl planen die Revolution gegen die Mama, die im Urlaub immer nur in die feinen Hotels will. Dieses Mal setzen sich die beiden durch – Vom mühsam Ersparten wird ein Segelboot gekauft. Im nächsten Urlaub soll es auf die Müritz gehen.
Die Abenteuer sind zahlreich: Zunächst gibt es viel über das Segeln und die eigentümliche Seglersprache zu lernen. Der vermeintliche Klabautermann huscht nachts mit seinem Mantel über das Deck. Eine schlechte Dichtung sorgt für Wassereinbruch und Sinkgefahr. Der Archimedes, der Außenborder, muss repariert werden. Und eine Flaschenpost warnt vor einer tödlichen Gefahr. Schließlich muss jemand im Sturm auf der Müritz vor dem Ertrinken gerettet werden.
Ich habe keine Ahnung, warum ausgerechnet dieses Buch einen solchen Traum schon so früh auslöste…Vielleicht war es das Schwärmen für das Abenteuer großer Seefahrer, auf das man immer wieder im Text stößt. Vielleicht waren es die Schiffe aus Hamburg und das entfernte Amerika, wovon im Buch die Rede ist - für mich im Osten Deutschlands aufgewachsen damals unerreichbar und Fernweh auslösend. Vielleicht war es aber auch der liebevolle Grundriss des Segelbootes im Buchumschlag, der mich als Kind sehr faszinierte und über den ich stundenlang saß und mich davon träumen ließ, wie ich es mir in diesem Boot gemütlich machte. Sicher weiß ich dagegen eins: Seitdem ich dieses Buch gelesen hatte, zog es mich aufs Wasser. Und das sah damals so aus:
- Poesie-Alben waren zu dieser Zeit in Mode. Eine Ehre war es für mich, dort hinein bei ganz ausgewählten Freunden schon von der Weltumsegelung zu schreiben.

- Ein kleines Ruder-Schlauchboot diente mir im Campingurlaub an irgendeinem See in Tschechien zum stundenlangen Umhertreiben auf dem Wasser. Mit etwa 15 war ich wohl zu groß für dieses Schiff und habe es im Bassin meiner Eltern im Garten kaputt bekommen.

- Meine Eltern mussten mir unbedingt eine Wassersportkarte zu den Gewässern der DDR kaufen. Ich weiß noch wie ich in den Karten blätterte und meine Route klarmachte und mich wegträumte

- Tante Gretel aus dem Westen war immer besonders nett zu mir. Als kleiner Knirps saß ich irgendwann mal auf ihrem Schoß und berichtete stolz davon, dass ich sie ja mal mitnehmen kann auf meinem Schiff wenn ich groß bin.

- Ich wollte endlich auf Booten fahren. Papa wollte mich unterstützten und berichtete von seinem Arbeitskollegen, der nebenbei noch im Ruder-Club aktiv war. Fortan war ich im Ruderverein aktiv. Doch eigentlich wollte ich doch zu den Seglern – wohl auch deshalb war wohl mein Ruder-Engagement nicht besonders erfolgreich. Zu kurz, zu schmächtig, als Steuermann hat es am Ende gereicht, aber dazu hatte ich nicht das notwendige große und vor allem laute Mundwerk. Naja, und dann war da jener verhängnisvolle Tag, an dem ich bei einem Turnier den Vierer mit Siegchanche steuern durfte und auf dem Weg zur Startlinie einen Einer halbierte. Das war es dann mit der Karriere als Ruderer. Ich hab zwar noch etwas weitergemacht, aber mit diesem Ereignis wohl bereits innerlich abgeschlossen. Wer weiß, vielleicht wäre ich jetzt schon Olympiameister im Segeln, wenn Papa jemanden beim Segelverein gekannt hätte.

So viel zu den Kindheitserinnerungen. Und so viel dazu. wie sehr dieses kleine Buch mich schon als Kind beeinflusste. Und nun habe ich schon lauter Segel- und Funkscheine gesammelt, hab Rügen umsegelt, hab mir ein Boot gekauft und einen Extrem-Hochseesegeltörn gebucht. Und ich schreibe diesen Blog. Und bald werde ich selbst ein Kolumbus auf der Havel sein. Heftig, wie sehr Kindheitserlebnisse und ein kleines Büchlein prägen können.

Samstag, 13. März 2010

Falsche Adresse

Voller Vorfreude dackele ich an einem Samstag zum Segelverein meiner Wahl, der mir einen kostengünstigen Liegeplatz angeboten hat. Ich stehe am Steg und begrüße alle. Den Herrn, mit dem ich verabredet bin, kennt hier jedoch niemand. Und dann kommt da auch noch jemand, der verantwortlich ist für die Liegeplätze. Von meinem Anliegen weiß dieser Herr nichts und weist mich etwas barsch ab. Auch er kennt den Herrn, den ich gerade noch am anderen Ende der Leitung hatte, nicht.
Jetzt habe ich die Nase voll und rufe durch. Mein Gesprächspartner teilt mir mit, er sei am Steg. Auch ich bin am Steg, aber sonst niemand. Ich sage, also ich sei hier am **** Segelverein. Nein, ruft es am anderen Ende, wir sind doch der **** SegelCLUB. Alles klar!
Gott sei Dank ist es nicht weit. Auch wenn mein Boot nun im Stößensee und nicht in der Scharfen Lanke liegen wird. Das ist aber eigentlich auch fast noch besser, finde ich, nachdem ich die überaus netten Leute vom **** SegelCLUB kennengelernt habe.