Montag, 16. August 2010

Abschied

Wir fahren nicht mehr raus, auch nicht, als wir quasi noch einen Zusatztag auf dem Boot vom Eigner geschenkt bekommen, weil der es erst einen Tag später zum Boot schafft. Wir ziehen um ins Hotel und genießen den Luxus eines Bettes mit Stehhöhe. Auch wenn wir an Land sind, so stellt sich der seltsame aber schon bekannte Effekt ein, dass trotzdem alles schwankt.
Wir verbringen die Tage am Strand oder in den Städten der Insel und natürlich an der Quarkeria. An meinem Geburtstag liegen wir im Strandkorb und genießen es, die Zeit einfach nur verstreichen zu lassen. Auch baden gehe ich noch einmal.
Nach unserer Abreise fahren wir schließlich noch in Lübeck vorbei. Eine wirklich tolle kleine süße Stadt, in der man sich vorstellen kann, zu wohnen. Wir erklimmen einen Kirchturm und genießen die Aussicht über die Stadt. Im Café Affenbrot gibt es noch eins der leckersten Essen, die ich seit langem zu mir genommen hab – etwas Vegetarisches! Auf dem Marktplatz sitzt ein alter Bekannter, denke ich und stelle mir vor, dass so wohl unser ausrangierter Kapitän aus den Lautsprechern unseres Funkgerätes aussieht. Und dann heisst es leider Abschied nehmen – oder wir Käptn Diezel sagen würde: „Tschüss Tschüss“…Zurück in den gehassten Alltag.

Donnerstag, 12. August 2010

Horrortrip

Es ist 6 Uhr 30. Wir wachen in unserer Kajüte aus irgendeinem Grund auf und fühlen uns verhältnismäßig wach. Es entsteht die spontane Idee, einen Früh-Morgens-Spaziergang zu machen. Gesagt, getan. Wir murmeln uns aus den Schlafsäcken heraus und machen uns auf zum Dorfbäcker, der tatsächlich um diese Zeit schon offen hat und uns Brötchen, Streuselschnecke, Kaffee und die Zeitung verkauft. An der einsamen Strandspitze suchen wir uns dann einen Platz zwischen den Möwen, die allerdings wenig von unserer Gesellschaft halten und sich davon machen.
In Timmendorf hat es uns eigentlich wunderbar gefallen. Wir würden gern noch einen Tag bleiben. Aber wohl oder übel neigt sich unser Urlaub dem Ende. Für die Rückreise haben wir nur noch den heutigen und den morgigen Tag. Heute sagt uns Delta Papa Null Sieben: „Ooooooooost drei bis vier. Strichweise dieeeesigggg, strichweise Schauerböen, die See: oooooin bis oooins Komma fünf Meder“. Ostwind ist selten und ideal für den Rückweg. Für Freitag dagegen ist Nordwest angesagt, was fatal wäre. Zudem soll es am Freitag sehr windig werden.
Während wir Delta Papas Berichten beim wunderbaren Frühstück (endlich mal an Deck) lauschen, entscheiden wir, heute zu fahren. Zu hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Morgen der Wind gegen uns umschlägt und zu stark wird. Wir sind schnell startklar und es gelingt ein perfekter Ableger. Kaum sind wir auf der See, fängt es aber an, ununterbrochen zu regnen.
Nach einer Weile Windstille und unter Motor meldet sich Petrus nicht nur mit Schauern, sondern auch mit stark zunehmenden Wind zurück. Moli übernimmt das Steuer und alles scheint gut zu laufen. Fünf bis sechs Knoten Fahrt. Das Land ist schon aus der Sicht. Plötzlich aber muss Moli mal kurz nach unten. Die Folgen sind fatal. Die Seekrankheit, die uns bisher so toll verschont hat, meldet sich nun mit aller Kraft zurück und schaltet Moli ganz einfach aus. Niemals bei Seegang unter Deck gehen! Die Kreuzsee mit Dünung aus Nord und Windsee von Süd-Südost hat kein Erbarmen, tut ihr übriges und lässt das Boot samt Moli wild hin und her schaukeln.
Es wird auch für mich zu einer Grenzerfahrung. Zwar verschont mich die See bei der Seekrankheit, aber ich mache mir große Sorgen um Molis Zustand, wo ich doch gleichzeitig mich um das Boot kümmern muss. Ich finde eine Möglichkeit, sie an Deck hinzulegen, was wegen der eigenwilligen Architektur der Plicht nicht selbstverständlich ist. In die warme Kajüte bekomme ich sie dagegen nicht. Ich kette sie mit dem Lifebelt an, dass sie nicht vom Boot fallen kann und versuche ihr immer wieder etwas zu Trinken anzubieten. Schließlich hole ich den Schlafsack und bette sie darin ein, weil sie inzwischen ununterbrochen bibbert. Das war gut meinte sie später. Der Regen macht unterdessen alles Plitschnass. Meine Moli und meinen Schlafsack.
Mitten auf der Fahrt und irgendwo ohne Land oder Schiffe in Sicht und mit einer Moli im Knock-Out-Zustand bekomme ich einen kleinen Eindruck davon, wie es sein muss, allein auf dem Ozean zu sein. Einerseits beängstigend, weil man durch muss und es kein Entrinnen gibt, andererseits aber auch verdammt schön! Wenn nur das Wetter besser wäre. Und dann meldet sich Delta Papa Null Sieben wieder und ich verstehe, was ich in den Weltumsegler-Büchern las: Die andere Stimme im Funk, die ich ja prinzipiell auch erreichen kann, wird sowas wie eine Verbindung zum Land, durch die man sich heimisch und irgendwie beschützt fühlt. Die Sendung wird zum Tagesereignis.
Nachdem über weite Strecken dieses längsten Abschnittes unserer Reise kein Land zu sehen war, kommen nun endlich die drei Hochhäuser von Burgtiefe auf Fehmarn in Sicht. Längst schon hab ich beschlossen, unser eigentliches Ziel Heiligenhafen nicht anzulaufen und stattdessen nach Burgtiefe in den Heimathafen auszuweichen und unsere Reise um einen Tag zu verkürzen. Ausgerechnet jetzt aber schläft der Wind ein. Ich starte den Motor, um die Reise nicht unnötig zu verlängern. Doch bevor ich Marschfahrt aufnehmen kann, müssen die Segel herunter. Das muss irgendwie allein gehen. Ich werfe den Autopiloten an und versuche das Schiff in den Wind zu stellen, allerdings bringt uns die fiese Kreuzsee immer wieder vom Kurs ab. Moli kann gerad noch schauen, dass bei meinem Manöver nichts mit mir schief geht, angeleint bin ich ja sowieso. Während das Boot wild hin und her schaukelt und in die Wellen stampft stehe ich an Deck am Mast und hole das Groß ein. Geschafft. Nun Heimatkurs Burgtiefe.
Nahe der ersten Fahrwassertonne wird die See ruhiger und Moli kommt langsam wieder zu sich. Ganz schlapp sind ihre Beinchen und ich werde ohne sie und ganz allein in die Box einparken müssen. Ich erinnere mich an die zahlreichen Forenbeiträge, die ich zum Thema „Einhand einparken“ gelesen habe und bereite alles vor. Eigentlich gibt es nur einen (wichtigen) Unterschied zur normalen Vorbereitung: Die Achterleinen belege ich bereits auf die geschätzte und benötigte Länge und lasse sie nicht, wie bisher, einfach an der Klampe mit maximaler Länge gesichert. Das könnte man eigentlich standardmäßig so machen. Der Anleger gelingt Einhand perfekt. Und nun kümmere ich mich nur noch um Moli, die warm verpackt unter Deck soll, Heizung auf Maximum, warme Suppe gekocht und schwuppdiwupp, ihr geht’s schon viel besser und sie kann schon wieder scherzen.
Somit wurde der letzte Tag zum Höllentrip, für den einen wegen der Seekrankheit, für den anderen wegen der Angst um den anderen. Dennoch war es eine beeindruckende Erfahrung, das erste Mal in meiner Seglerkarriere kein Land mehr zu sehen. Beeindruckend fand ich auch, wie ich in der Lage war, vollkommen allein das Schiff zu kontrollieren und sogar einzuparken. Man lernt doch dazu, auch wenn man noch weit davon entfernt ist, ein guter Seemann zu sein. Vor allem aber freu ich mich, dass es Moli auch überstanden hat und ihr es inzwischen viel besser geht!

Mittwoch, 11. August 2010

Timmendorf

7:45 – Auf Kapitän Diezel ist Verlass und wir werden wach. Das Wetter ist heut nicht so entscheidend. Geplant ist nur ein ganz kurzer Törn nach Timmendorf auf Poel. Das sind etwa acht Seemeilen – circa zwei Stunden Fahrt.
Es gibt zwei Gründe für diese Entscheidung. Nummer eins: Von Wismar haben wir am Vorabend nur wenig gesehen. Wir wollen uns noch etwas Zeit nehmen, um uns die Stadt noch etwas anzuschauen. Nummer Zwei: Timmendorf klingt schön und idyllisch, der Hafen aber ist klein und eng, auch ein Grund, warum wir das Anlaufen am Vorabend nicht umgesetzt haben. Wir wollen schlicht und einfach früh da sein und das kann man nur mit einem kurzen Törn realisieren. Oder mit noch früherem Aufstehen. Und da ist meine Meinung ja hinlänglich bekannt.
Nachdem wir uns also Wismar angeschaut haben, Shoppen waren und uns mit neuen Regenschirmen eingedeckt haben, heißt es Leinen los nach Timmendorf. Der Wind blies recht stark und schon im Hafenbecken konnten wir die Segel setzen. Wir nehmen berauschende Fahrt auf. Ein Segler kreuzt die SeeSchiffStr. und wähnt sich im Vorfahrtsrecht. Bei uns wird es nur eng, beim hupenden Motorboot hingegen richtig eng, und der Segler hat überhaupt kein Verständnis für dessen Warnsignal und keift ihn sogar noch an. Dabei ist der Fall klar: Die einzige Vorfahrtsregel der Schiffahrt greift hier, der kreuzende Segler muss allen ausweichen, die der Seeschifffahrtsstraße folgen. Die Verkehrsregeln scheinen nicht allen Seglern geläufig zu sein.
Zwischenzeitlich wird der Wind so stark, dass ich nun doch beschließe, deutlich gemächlicher und nur unter Fock mit immer noch 4,5 Knoten Fahrt dahinzugleiten. Moli steuert! Und nach weniger als 1,5 Stunden unter Segel rollen wir auch schon wieder alles ein. Ich mache die Leinen und Fender klar zum Anlegen.
Für den heute anliegenden Südwest sagt der Hafenführer nichts Gutes. Ungemütlich kann es werden, weil so der Wind genau in den Timmendorfer Hafen drückt. Und tatsächlich: Im Hafen finden wir ordentlich Welle. Im geschützten Bereich ist schon kein Platz mehr. Und ich werde nicht gegen, sondern mit dem Wind anlegen müssen. Der Anleger gelingt, wenn ich auch wegen des Rückenwindes etwas zu schnell in die Box einfahre. In jedem Fall sieht es aber bei uns wesentlich professioneller aus, als bei vielen nach uns eintreffenden Booten. Das war letztes Jahr noch ganz anders.
Nach einem sintflutartigen Regenschauer wandern wir durch das Dorf und ich gehe sogar noch einmal am herrlichen Strand von Timmendorf baden. Nicht zu verwechseln mit dem Ort Timmendorfer Strand, der in der Lübecker Bucht liegt. Abends gehen wir Essen und lassen uns danach von den Mücken zerstechen. Nicht so romantisch.

Dienstag, 10. August 2010

Planschen im Meer am schönsten Tag

Heute soll laut Delta Papa Null Sieben der schönste Tag der Woche werden. Wir diskutieren kurz, ob wir in Travemünde bleiben und einen Badetag einlegen. Andererseits verspricht der Törn gerade auch bei diesem Wetter ein Hochgenuss zu werden. Wir entscheiden uns für das Auslaufen Richtung Wismar. Sollte die Strecke zu lang werden, wollen wir in Timmendorf auf Poel einen Stop einlegen.
Der Ableger gelingt nicht ganz perfekt. Vorne bleibt die Leine hängen, weil sich ein Kneuel gebildet hat und so ein dicker Knoten an der Klampe an Land hängt. Da uns keiner hilft, müssen wir wieder rein und das Unheil beseitigen. Beim zweiten Mal gelingt alles perfekt. Moli macht es sich unter Deck gemütlich und so fahre ich unter Autopilot aufs Meer hinaus und klariere dabei das Schiff auf und mache alles klar zum Segelsetzen. Und siehe da, auch das Segel setzen gelingt perfekt, auch ganz ohne Hilfe. Mit so einem Autopilot kann man vieles Einhand machen, bemerke ich. Eine gute Entscheidung, den Autopiloten als Entscheidungskriterium bei der Schiffswahl aufgenommen zu haben. Erst recht bei den späteren Erlebnissen…
Wir kommen mit vier, fünf Knoten gut voran und spielen unterwegs unser neues Spiel, während uns Kapitän Diezel mal wieder mit neuesten Wetterinformationen versorgt. Auf halber Strecke dann legen wir einen Badestop ein. Das Boot driftet so dahin, und ich tapse ganz vorsichtig ins arschkalte Wasser. Erstmal drin ist aber alles halb so schlimm – aber komisch ist es schon, wenn man so gar keinen Grund unter den Füßen hat, auch nicht in erreichbarer Nähe. Wie es wohl auf dem Ozean mit viertausend Meter Wassertiefe ist? Nachdem ich noch ein paar Köpfer vom Boot gemacht habe, schaffe ich es auch, Frostbeule Moli zum Baden zu überreden. Auch sie hat – nachdem endlich die Sonne wieder hervorguckt - mächtig Spaß und ist nach einer Runde ums Boot mächtig erschöpft. Ich konzentriere mich unterdessen auf die fotografische Dokumentation dieses Ereignisses, nachdem Moli bereits über die Erpressungsmöglichkeiten auf Facebook der mit den ihrerseits gemachten Fotos von mir sinnierte. Danach trocknen wir an Deck beim Autopilot, während ich schon die Segel für den Kurs Wismar getrimmt habe. Ich sitz ganz vorn auf dem Schiff und schaue wie ein Leuchtturm umher und bin einfach nur glücklich. Das ist dann irgendwie so wie das Segeln, wie man es aus den Filmen kennt….
Vor Poel sind ein paar Untiefen und man soll dem Fahrwasserverlauf folgen. Dummerweise geht der genau gegen den Wind. Ich hole das Laken herunter und werfe mal wieder den Motor an. Unter Autopilot wandere ich immer wieder vom Bug bis zum Heck und freu mich wie wir durch das Wasser pflügen. Moli schläft dabei ganze zwei Stunden bei hämmernden und lautem Motor.
Inzwischen ist es nach 19 Uhr und wir sind die einzigen draußen. Wismar liegt vor uns. Wir machen im Kai am Alten Hafen fest, hinter ein paar Traditionsseglern und wohl an jenem Kai, an dem auch Lüchtenborg zu seiner Weltumseglung aufgebrochen ist. Nach einem perfekten Anleger stellen wir aber fest, dass kein Strom vorhanden ist, der liegt an der anderen Seite des Kais. Also nochmal ablegen und rüber. Dabei gelingt ein nicht ganz so perfekter Anleger. Aber Ende gut alles gut.
Nach einem Spaziergang durch die wie ausgestorben wirkende, aber schöne Altstadt Wismars kehren wir in ein wirklich vorzügliches Fischrestaurant ein. Es ist das dritte oder vierte Mal, dass ich diesen Urlaub Fisch esse. Seelachsfischbrötchen, Dorsch und Seelachsfilet standen bisher auf der Speisekarte. Und es schmeckt! Vom Ich-Ess-Keinen-Fisch-Micha fast schon keine Spur mehr.

Montag, 9. August 2010

Krieg!

7:45, UKW-Kanal 24: Zunächst läuft eine nach C64 oder Amiga klingende Version von Bachs Menuett „Klavierbüchlein für Anna Magdalena Bach“ aus dem Seefunk-Lautsprecher. Dann legt ziemlich laut drei Mal eine Stimme nach: „Delta Alpha Alpha Sierra“ – das ist das Sammelrufzeichen für alle Seefunkstellen. Delta Papa Null Sieben, so das Rufzeichen des Absenders, ist niemand anders als Kapitän Diezel und sein Küstenfunk. Gesendet wird hier heute keine Seenotmeldung, sondern der aktuelle Seewetterbericht. Seine Stimme und die Melodie klingt für uns schon am dritten Tag sehr vertraut – und seine Sendungen strukturieren den Tagesablauf vom Aufstehen bis zum ins Bett gehen. Später finde ich im Netz die Berichte vieler Segler, für die die Melodie und die Stimme von Kapitän Diezel unverwechselbar für den Bootsurlaub im Sommer stehen.
Auch bei uns hinterlässt er seine Spuren und ich höre manchmal auch nach dem Urlaub im Internet-Livestream mit (http://dp07.com/). Besonders schön ist eigentlich die große Konferenz nach dem Wetterbericht, wenn Schiffe der gesamten deutschen Seeküste miteinander sprechen. Vor allem abends scheint der ein oder andere Segler auch etwas betrunken zu sein und erzählt Kauderwelsch. Das ist leider nicht online nachzuhören.
Wir starten mit dem Frühstück an Bord. Leider nicht an Deck, da es zu frisch erscheint. Allerdings ist draußen herrliches Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein. Da bekommt man richtig gute Laune.
Nach dem Auslaufen (und dem perfekten Ableger) stellt sich heraus, dass der angekündigte Westwind real ein Südost ist. Dummerweise liegt unser Ziel Lübeck genau in Südost. Das bedeutet: Kreuzen. Anfangs ist noch guter Wind und wir kommen gut voran. Ich schiesse ein paar Bilder vom Schönwettersegeln. Moli am Steuer.
Der Wind flaut ab. Mitten in der Lübecker Bucht herrscht nun auf einmal Krieg und wir werden Zeugen, wie in Deutschland sinnlos Steuergelder vergeudet werden. Zwei Militärschiffe sind auf See und stellen wohl einen Luftangriff nach. Ein Tiefflieger rauscht immer wieder in Masthöhe übers Meer und die Kriegsschiffe stellen wohl Abfangmanöver nach. Man hört Schüsse. So geht das stundenlang. Zur Sicherheit schaue ich noch einmal in die Karte, ob wir (und auch die anderen Segler) auch wirklich kein Schießgebiet durchfahren. Ich stelle fest: Alles prima – und hoffe auf Platzpatronen. Etwas befremdlich ist es aber schon, wenn so ein Militärjet aus den Wolken im Sturzflug auf einen zukommt und erst kurz über dem Boot wieder nach oben zieht.
Als unsere Fahrt um 16 Uhr – noch viel zu weit weg von Travemünde – auf unter 2 Knoten fällt, werfe ich den Motor an. In Travemünde dann ist der Wind auf einmal wieder da. Keine Ahnung warum er sich heut nicht entscheiden kann. Es ist schon spät und so beschließen wir, in Travemünde zu bleiben. Außerdem liegt Lübeck gut auf dem Heimweg, da wollen wir bei der Rücktour lieber mit dem Auto noch einmal Halt machen, als die jeweils 2 Stunden Hin- und Rückfahrt auf der Trave zeitlich zu vergeuden. Und Travemünde soll auch ganz toll sein. Es gelingt ein perfekter Anleger. Naja, nicht ganz perfekt. Um ein Abbrechen der Fahnenstange zu vermeiden, will ich sie aus der Befestigung lösen – die Fahnenstange geht nämlich gern kaputt, wenn sie an einen Dalben kommt. Dummerweise ist das Holz morsch und es passiert genau das, was ich vermeiden wollte. Die Stange bricht unten an der Befestigung ab. Aber das kann man reparieren.
Abends schauen wir uns die Stadt an, gehen auf die Mole, gehen Essen und naja, hätten von Travemünde etwas mehr erwartet. Beeindruckend war es, im Hafen immer wieder die großen Fährschiffe vorbeifahren zu sehen. In der Nacht wurden wir einige Male von deren Schraubenrasseln wach, wenn die sieben- bis zehnstöckigen Hotels auf das offene Meer herausfuhren.

Sonntag, 8. August 2010

Aufbruch im Regen und in die falsche Richtung

Kurs 315°. Das ungefähr ist die Richtung, in die wir fahren müssen, um nach Dänemark zu kommen. 315°, das ungefähr ist die Richtung, aus der heut Morgen der Wind weht. Blöder Petrus. Ich sitze vor der Karte und überlege, wie dicht ich an den Wind heran müsste, um doch noch und nur mit einem kleinen Kreuzschlag das Ziel zu erreichen. Nach ein paar Minuten überlegen und einer Schätzung der Fahrtzeit unter günstigen Bedingungen von zehn Stunden leg ich das Kursdreieck beiseite und erkläre Dänemark für gestorben. Gegen den Wind ist die Strecke ganz einfach zu weit. Stattdessen wähle ich Grömitz als erstes Ziel und damit die Lübecker Bucht als Fahrtgebiet – Dorthin kann uns der Nordwest gut Raumschots schieben. Und man kommt bei fast allen Winden hin und auch wieder zurück. Und es gibt keine mörderische erste Etappe.
Der Ableger gelingt auch unter den kritischen Augen unserer Liegeplatznachbarn perfekt. Die Erfahrung, Ausbildung und das eigene Boot haben sich eben doch bezahlt gemacht. Moli scheint es am Steuer richtig Spaß zu machen, als Sie uns aufs offene Meer zufährt, während ich die Segel klarmache.
Dann das erste Mal hoch mit allem was wir haben. Anders als bei allen anderen Booten, die ich bisher gechartert oder in der Ausbildung gefahren habe, geht das Groß endlich mal per Hand und ganz leicht hoch. Eins fix drei stehen die Segel ohne Winschen und der Motor ist aus. Grömitz, wir kommen!
Was nun allerdings einsetzt ist Dauerregen und eine Temperatur, die nicht für alle an Bord erträglich ist. Der Wind dreht dazu auf Südwest und nur ganz knapp können wir hoch am Wind den Kurs auf Grömitz halten. Ich denke mir so, dass wir bei diesem Wind auch wunderbar nach Dänemark hätten fahren können. Gleichzeitig bin ich froh, dass unser Ziel nur noch 15 Seemeilen entfernt liegt, sodass wir noch halbwegs pünktlich ankommen. Unsere Abfahrt jedenfalls hatte sich stark verspätet, weil ich mich noch mit den Geräten vertraut machen musste.
Gegen 20 Uhr laufen wir endlich in Grömitz ein. Nicht ein freier Platz im Hafen! Verzweifelt legen wir in einer Box an, die eindeutig mit Rot gekennzeichnet ist. Das heisst so viel wie, dass dort ein fester Mieter liegt, der gerade nicht da ist. Wir hoffen einfach drauf, dass heute Nacht keiner am Boot klopft und uns freundlich oder auch weniger freundlich zum Verlassen des Platzes auffordert. Nach unzähligen (perfekten) Wenden auf engstem Raum im Hafen gelingt der erste Boxenanleger perfekt.
Moli ist völlig durchgekühlt und ich kümmere mich erstmal darum, sie warm zu bekommen. Gott sei Dank hat das Boot eine Heizung – Die Aufnahme der Heizung als Auswahlkriterium hat sich somit bezahlt gemacht. Später versuche ich noch den Hafenmeister zu erwischen, doch der hat längst Feierabend. Auf dem Weg entschädigt aber ein wunderschöner Sonnenuntergang die Strapazen. Und Moli ist glücklich, weil ich mit Netbook und DVB-T-Stick den Tatort auf den Bildschirm bekomme.

Samstag, 7. August 2010

Endlich wieder ans Meer – Die Anreise

Theoretische SKS-Ausbildung im Winter. Eigenes Boot im Wasser im Frühjahr. Praxistörn ebenfalls im Frühjahr. Und nun endlich wieder Bootsurlaub! Es geht Schlag auf Schlag in meiner Seglerkarriere, auch wenn ich viel zu spät damit angefangen habe!
Gebucht habe ich den Kahn dieses Jahr allerdings erst etwa vier Wochen vor dem Törn. Zu lange war unsicher, ob überhaupt Zeit und Wille für das diesjährige Projekt vorhanden war. Und so fehlen die sechs Monate, die man sich üblicherweise auf so ein Ereignis freuen kann – Reisen lange im Voraus planen und die damit verbundene lange Vorbereitungsphase können den Alltag doch sehr versüßen.
Gebucht habe ich am Ende ein Schiff, das schon etwas in die Jahre gekommen ist. Eine Bavaria 890, 9 Meter lang und fast 30 Jahre alt sollte eine Woche lang die Heimat für Moli und mich werden. Wichtig waren mir Ausstattungsmerkmale wie ein Einleinenreffsystem, Autopilot und Heizung. Das geplante Ziel: Dänemark.
Kurz vor der Reise habe ich schließlich doch noch zwei Dänemark-Reiseführer erstanden, um etwas Vorfreude zu erzeugen. Einen Reiseführer für die See und einen für das Land. Aber irgendwie blättere ich nur recht selten darin herum.
Einen Tag vor Anreise rufe ich den Eigner an und frage ihn, wie das mit der Übergabe ist. Es stellt sich heraus, dass wir das Boot schon am Samstag Vormittag und eben nicht Nachmittag übernehmen können. Einen Tag gewonnen.
Jedoch sind wir am Anreisetag so fertig, dass wir ein Auslaufen von Burgtiefe auf Fehmarn nach Heiligenhafen dann doch nicht bereits am ersten Tag umsetzen. Stattdessen lassen wir uns am Südstrand die Sonne auf die Nase brennen, gehen baden und können nicht genug von diesem herrlichen Quark an der Quarkeria bekommen. Meine Empfehlung: Orangenquark mit Obstsalat.

Freitag, 6. August 2010