Freitag, 13. November 2009

SKS-Kurs

Wieder Winter. Kein Segeln möglich, es sei denn ich investiere in einen viel zu teuren Flug in die Südsee. Also entschließe ich mich, weiter zu machen, weiter Scheine zu sammeln. Eigentlich war der Plan, direkt den SSS zu machen, aber meine Segelschule riet davon ab. Naja, dachte ich, die werden schon wissen was sie sagen. Also entschließe ich mich, den SKS-Kurs zu machen.
Die Theorie, nun ja. Man lernt genau in der ersten Stunde etwas Neues. Alles andere ist altbekannt. Die Berechnung von Beschickung durch Wind und Strom ist so ziemlich das einzig neue, was ich während des gesamten Kurses gelernt habe. Natürlich sind die Kartenaufgaben etwas umfangreicher, aber sie machen richtig Spaß. Das ist irgendwie wie Praxis in der Theorie. Aber die Entscheidung, wegen des „deutlich umfangreicheren Stoffes“ den SKS nicht zu überspringen, die kann ich bisher nicht teilen. Man kann den SKS überspringen, das weiß ich jetzt. Machen werde ich es wohl nun trotzdem nicht, da ich dann anders hätte zeitlich planen müssen. So bin ich etwas unzufrieden mit dem Rat der Segelschule.
Unzufrieden bin ich auch damit, dass die Praxistörns auf der Ostsee stattfinden. Ausgerechnet das einzig neue am SKS, die Beachtung von Gezeiten, kann man so nicht trainieren. Außerdem würde der Törn in einer wohl eher wenig befahrenen Gegend der Ostsee stattfinden. So richtig überzeugt mich der Kurs demnach nicht.
Hinzukommt, dass ich mit der Lernerei nicht vorankomme. Mein Leben hat sich irgendwie verändert. Ich habe viel weniger Zeit als früher. Ich komme zu nichts mehr. Auch der Besuch der Bootsmesse in Berlin klappt nicht. Auch zum Lesen von Segelbüchern bleibt keine Zeit. Das wirft mich zurück in meinem Traum. Mir fehlt Motivation, weiter zu machen.

Sonntag, 18. Oktober 2009

Bootsbesitzer!

Vielleicht bin ich etwas naiv, vielleicht etwas überstürzt. Aber ich konnte nicht widerstehen – ich habe zugeschlagen, denn ich war sofort verliebt in Sie – GEIL…ääähhh GELI ihr Name. Sechs Meter Kunststoffwanne gehören jetzt mir. Wahrscheinlich hat mich der Verkäufer etwas geblendet, der mir irgendwie sympathisch war. Vielleicht war es auch ganz objektiv der Zustand des Bootes, der deutlich besser war, als alles andere was ich für ähnliches Geld vorab besichtigt habe.
Angefangen hat es mit etwas Träumerei im Spätsommer. Es wäre genial dachte ich mir, wenn man im nächsten Sommer ein eigenes Schiff hätte und nicht für jede Bootsbenutzung in Form einer Chartergebühr bestraft wird. Wahrscheinlich komme ich teurer damit. Ziemlich sicher aber auch viel öfter aufs Wasser. Aus der Träumerei wurde abendliches Herumklicken auf Bootsbörsen. Und daraus wurden Bootsbesichtigungen. Daraus Recherchen der Liegegebühren und Versicherungen. Und nun ist ein Schiff daraus geworden.
Naja, ein Schiff ist sie vielleicht nicht – aber für das Binnenrevier ist so ein Jollenkreuzer ziemlich optimal würde ich sagen. Die Kabine bietet Platz für ein Mini-Wohnzimmer samt Tisch, die Bug-Schlafkabine reicht ebenfalls für Zwei, samt Dachluke. Die Hundekojen sind perfekt als Stauraum für Gepäck geeignet. Und die Plicht ist ziemlich groß und wunderschön!
Und die Verarbeitung? Nun gut, man sieht dem Boot sein Wesen des Gebrauchtbootes an. Der Plan war ja, im Winter ein wenig dran schrauben zu können. Viel Zeit habe ich nicht, von daher ist ein ausgedehnter Zeitraum ideal. Aber wenn ich nicht so viel Wert auf Schönheit lege, kann ich nach einem frischen Unterwasser in der nächsten Saison loslegen. Und vielleicht lerne ich so auch, ein Boot auseinander und danach wieder zusammenzuschrauben. Jetzt heißt es erst einmal: 5 Monate warten auf die Wasserung. Mein Blut ist voll von Glückshormonen, das muss Kaufrausch sein.

Sonntag, 13. September 2009

Sturmbezwinger!

Es ist Nacht. Zwar will uns das Schiff mit seinen sanften Bewegungen in den Schlaf wiegen, doch ich bin längst hellwach. Das Geräusch, das mich weckte, kam mir vom letzten Törn nur allzu bekannt vor. Im Rigg nämlich schlagen lose Leinen an die Wanten und an den Mast. Dazu pfeift es durch das Rigg. Ganz klare Sache: Der Wind wird immer stärker. Und immer wieder prasseln kurze Schauer über das Deck. Das kann ja morgen was werden, denke ich mir noch und träume auf einmal wieder von günstigen Winden und dem Schaukel auf dem Meer.
Es ist morgens und wir stehen auf. Dicke Regenwolken hängen über uns. Frühstück gibt’s nur unter Deck, denn draußen regnet es immer wieder. Dann machen wir alles klar zur Abfahrt. Die Klamotten werden gesichert. Die Route eingegeben. Ich verlängere die luvseitigen Vorderleinen, um nachher kontrolliert aus der Box zu kommen. Unsere Liegeplatznachbarn haben dieselbe Idee und helfen mir. Wir kommen kurz ins Gespräch und es stellt sich heraus, dass sie unseren Windschatten noch für das Ablegemanöver nutzen wollen. Gerne warten wir und gucken zu – vielleicht lernen wir ja noch etwas!
Unsere Nachbarn kommen mit dem Heck in den Wind aus unserem Windschatten, drehen weg und mit der Nase zu uns. Gerne springe ich ein und drücke sie von unserem Boot weg. Ich kenne das ja nur zu gut...Und dann sind wir dran. Es gelingt ein perfekter Ableger.
Wir haben Nordwind, der uns auf Raumwind- und Vorwindkurs recht sicher nach Haus bringen wird. Ich entscheide, nur das Groß zu setzen – In Erinnerung an die Fahrt von Hiddensee nach Stralsund ist es mir nichts, das Genua zu setzen. Der Plan geht au
f und wir haben gute Fahrt bei stabilem Kurs.
Weiter draußen wird es ungemütlicher. Die Wellen werden immer höher. Ab und zu kommt eine Riesenwelle vorbei und ich bin immer noch etwas unsicher, wie ich sie aussteuern soll. Ab und zu drehe ich mich um und sehe Mo’s herrlichen Blick nach achtern. Dort nämlich glitzert die Sonne im Wasser, der Himmel ist oft blau und man sieht genau, wenn eine Welle näher kommt. Ein schöner Anblick. Und ich fange an zu träumen, wie es wohl wäre, auf dem Ozean und mit Autopilot selbst diesen Blick genießen zu können.
Irgendwann drehe ich mich mal wieder um und sehe nun keinen blauen Himmel mehr, eher eine krasse Regenfront. Der Wind nimmt nicht zu, die Wellen auch nicht. Ich denke mir, ach das wird nur nass und gut ist. Als es anfängt zu regnen sage ich meine Mannschaft, dass sie gern runter gehen kann.
Doch was ist nun los? Nicht nur Regen, nein auch heftigster Wind schlägt auf einmal ins Segel. 30, 35, 38 Knoten misst der Windmesser auf einmal, und wir haben achterlichen Wind, der gemessene scheinbare Wind ist also noch etwas schwächer als der wahre Wind.
Irgendwann müssen wir auf Halbwind wechseln. Der Wind drückt uns von backbord kommend ganz schön auf die Seite. Dazu kommt die See von de
rselben Seite und versetzt unsere Caro ordentlich in Bewegung. Endlich kann ich irgendwann an der Greifswaldtonne wieder auf Raumwindkurs gehen.
Ein ziemlich großes Schiff tutet auf einmal und will vorbei. Ich mache Platz, muss dazu aber halsen. Und das bei diesem starke Wind. Die Halse sieht ganz schön unkontrolliert aus, aber gut, sie gelingt und das Segelschulschiff kann passieren. Und dann geht es heim.
Kurz vor der Hafeneinfahrt in Wiek beordere ich meine Mannschaft an Deck zum Segelbergen. Etwas grün im Gesicht wird aller Mut zusammengenommen und meinem Befehl gehorcht. So muss eine gute Mannschaft sein! Allerdings stelle ich fest, dass es nur unter Genua zu fahren deutlich besser gewesen wäre. Dann nämlich hätte ich ganz allein die Segel bergen können. Und unkontr
ollierte Halse hätte es auch nicht gegeben.
Dann hat es ein Ende mit der Schaukelei. Unter Motor tuckern wir auf die Wieker Brücke zu und machen fest. Wieder ein Törn vorbei – und es wird der letzte dieses Jahr gewesen sein. Nachdem uns ein Schauer beim Ausräumen des Bootes noch ordentlich eingenässt hat, kommt pünktlich zum Abstieg aus dem Boot dei Sonne durch. Prima, lieber Wettergott!
Was habe ich d
ieses Mal gelernt? Nun ja, Mannschaftsführung gehört immer noch zu meiner größten Schwäche. Ich erkläre zu wenig. Das muss sich ändern. Außerdem muss jeder an Bord eine Klampe belegen können, das wird wohl in Zukunft die Matrosenprüfung werden. Bei stärkerem Wind sollte man kein Groß setzen, das bekommt man nämlich nicht so leicht wieder herunter, vor allem nicht, wenn man allein ist. Also in Zukunft schön unter Genua in den Wind, wenn‘s zu heftig wird. Und zu guter letzt: Ein größeres Boot ist gar nicht so problematisch, solange man es noch per Hand abstoßen und bewegen kann.
Und nun im Winter? Jetzt steht der nächste, höhere Segelkurs an. Außerdem die Bootsmessen in Berlin und Düsseldorf. Und eine kleine Jolle soll angeschafft werden, für wunderbare Wochenenden am Wannmeer. Und es gibt noch viele Bücher zu lesen! Ich denke so lässt es sich den Winter über aushalten!

Samstag, 12. September 2009

Absegeln!

Eigentlich war der Plan, im Spätsommer noch einmal mit meinen Eltern über ein Wochenende per Boot auf Reisen zu gehen. Dumm nur, dass ich mit ihnen damals bei schwerstem Wetter auf einem kleinen Kutter nach Helgoland unterwegs war. Was wir damals erlebten, davon berichten wir heute - gut zehn Jahre später - immer noch wieder gern: Bei in Böen zweistelliger Windstärke wuchtete sich das Schiff durch die Wellen, immer wieder stürzte es in die Wellentäler. Aus dem Bullauge erblickten wir meistens nur Fische – und wenn es denn mal über Wasser war, regnete es Übelkeitsauswürfe von ein paar Wahnsinnigen, die sich bei diesem Wetter die Gischt an Deck ins Gesicht spritzen ließen.
Irgendwie jedenfalls hatten sie wohl ein mulmiges Gefühl – zu Recht, wie sich später zeigen sollte. Erstmal gemütlich auf einem See, das wäre vielleicht noch drin gewesen. Aber aufs Meer, worauf ich mich schon sehr freute, das ging nicht. Aber für ein Segelabenteuer findet sich schnell Begeisterung. Und so stand dem Törn in anderer Besatzung nichts mehr im Weg. Der Plan: Greifswald ist ein perfekter Ausgangshafen für einen Kurztörn übers Wochenende. Für jede Windrichtung und jede Vorhersage gibt es nämlich ein Ziel, das auch problemloses Zurückkommen ermöglicht.
Für unser Wochenende war Nordwestwind angesagt. Von den vielen Optionen entschieden wir uns für eine Überfahrt nach Lauterbach auf Rügen. 15 Seemeilen, auch wenn wenig Wind ist, sollte das zu schaffen sein.
Das Schiff: Die Caroline, eine Hanse 315. Sie war deutlich größer als das letzte Boot. Mir war etwas mulmig, ob ich mit diesem Boot klarkommen würde. Schon der Aufstieg war sehr beschwerlich und erforderte größten körperlichen Einsatz beim Erklimmen der Bordwand, die bestimmt 1,50 m hochragte. Eine Treppe? Gabs nicht!
Hinzu kam dickster Nebel – Bei Nebel würde ich nicht auslaufen, dachte ich mir. Schließlich habe ich keinerlei Erfahrungen mit Radargeräten. Um elf Uhr aber legte sich der Spuk und es konnte losgehen.
Ablegen. Die Erinnerungen an den l
etzten Törn machten mir große Sorge vor diesem Manöver. Timing ist so essentiell wichtig. Würde ich alles richtig machen? Vorderleine auf Slip gelegt, so weit wie möglich an Luv nach hinten ziehen, dann bereit machen zum rückwärts rausfahren, die Leinen lösen und ab geht’s. Das war der Plan.
Real sah das so aus: Die auf Slip gelegte Vorderleine war zu kurz, um Rückwärts in Reichweite des Boxenpollers zu kommen. Nach dem Lösen der achterlichen Luvleine, sofortiger Rückwärtsfahrt und dem Kommando „Leinen Los“ hingen wir an Lee noch immer an der Achterleine fest. Schöne Scheisse. Warum hab ich Idiot die nicht zuerst losgemacht? 3/4-quer in der Box hängend kann ich unter fieren der Leeleine das Schlimmste verhindern, komme aus der Box frei und lege mich quer an die achterlichen Poller zur Boxenbegrenzung. Nun in Ruhe die Leine losmachen und losfahren. Gerade noch einmal gut gegangen.
Dann hinter der Wiecker Brücke auf dem Meer. Segel setzen. Meine Besatzung reißt am Großfall mit allen Kräften, aber nichts tut sich. Ich kann es kaum glauben und zerre selbst an der Strippe. Nichts. Ich muss aufs Deck und nachsehen und
entdeckte fiese Halteleinen, die das Aufziehen des Groß verhindern. Weg damit, aber es geht immer noch sehr schwer. Die Ursache: Die Reffleinen sind noch drin. Raus machen, locker ziehen, Großfall immer wieder durchziehen. Irgendwann steht das Groß…nach gefühlten 60 Minuten. Und dann folgt Flaute.
Es ist ja ganz nett, bei absolut keinem Wind im Spätsommer ein paar Sonnenstrahlen abzubekommen, aber so gar kein Wind wird dann doch etwas nervig. Irgendwann reicht mir die Ruhe und ich schmeiße den Motor an. In etwas Entfernung habe ich so etwas wie Wind auf dem Wasser entdeckt. Und tatsächlich: eine kleine Brise wehte hier und bescherte uns rasche Fahrt.
Amwindkurs. Der Wind wurde immer stärker, die Wellen auch. Es kommt Bewegung ins Boot. Wir müssen kreuzen und die Windseite wechseln. Dann kommen die Wellen eher seitlich und noch mehr Bewegung im Boot ist zu erwarten. Gesagt, getan. Und tatsächlich fängt es jetzt richtig schön zu schaukeln an. So langsam wird mir auch etwas mulmig, denn der Wind wird immer stärker. Endlich sind wir lang genug quer gefahren, sodass ich den Kurs ändern kann. Dann wird die Genua reingeholt und nur unter Groß gefahren. Die Bewegung im Boot ist zurück gegangen, die Geschwindigkeit kaum.
Wir nähern uns Lauterbach und es wird merklich ruhiger. Segel bergen klappt auch bei etwas stärkeren Winden prima, nun das Schwerste: Einparken.
Ich suche einen Platz mit viel Freiraum nach Lee
, falls wir am Bug die Leine nicht herumbekommen und abdriften. Zunächst klappt alles prima. Die Achterleinen werden beidseits um die Poller geschwungen. Wir kommen super vorne an. Aber leider verfehlt die Vorderleine den geplanten Punkt. Wir hängen nach Lee quer in den Seilen. Wenigstens der Plan mit dem Sicherheitsabstand nach Lee zum nächsten Boot ging gut auf.
Beim Querliegen bin ich nicht schnell genug beim Belegen der Klampe und schon passiert es. Die Finger zwischen Klampe und Seil, das steifkommt. Es quetscht, es fließt Blut. Dazu noch ist an Lee die Leine im Wasser und droht sich um die Schraube zu wickeln. Schnell Leerlauf, Leine ins Boot. Und dann Eindampfen um die Nase herumzubekommen. Der Plan gelingt. Und andere Segler helfen uns beim Festmachen. Ich bin enttäuscht, dass ich es wieder nicht hinbekommen habe, aber immerhin ging der Plan zum Sicherheitsabstand gut auf.
Nun liegen wir im Hafen, gehen abends noch einen Trinken und sind fertig vom Tag. Es braucht nur ein kleines Bier um mich völlig betrunken zu machen. Ich ordere danach nur noch einen Kaffee. Ein wunderschöner Tag war das! Morgen allerdings sind 5-6 aus Nord angesagt. Böen bis 80km/h. Ich hab etwas Schiss.

Samstag, 15. August 2009

Barcelona

Auf Google Maps im Satellitenmodus sehen Städte aus wie Krebsgeschwüre. Auch wenn die Natur gewaltig und schön ist, so zieht es mich bisweilen jedoch auch immer wieder in genau diese Krebsgeschwüre hinein. Und ein schon lange bestehender Traum war das Krebsgeschwür mit Namen Barcelona.
Von der großartigen Architektur hatte ich gehört. Von gotischen Kirchen und von der verspielten Architektur Gaudis. Vor allem aber wollte ich die Sagrada Familia mal mit eigenen Augen sehen.
Aber Barcelona hat noch etwas viel besseres: Tolle grüne Gärten, und Parks die ganz und gar keine Krebsgeschwüre sind und: Das Meer. Nach langen Stadterkundungen gehen wir an den Strand und genießen es, im warmen Mittelmeer baden zu gehen. Das Wasser ist unglaublich klar. Ich fühle mich pudelwohl.
Auf dem Weg zwischen Strand und Innenstadt kommt man auch am Yachthafen vorbei. Ganz langsam muss ich hier entlangwandern und träumen und mir vorstellen, wie ich wohl einmal hier liegen werde – bei meiner großen Mittelmeerrundfahrt versteht sich.
Ich bekomme Fernweh, wenn ich die exotischen Yachtnamen lese, die an den mit mir bisher völlig fremden Mooringleinen befestigten Schiffen sehe: Asiatische Namen, die ich nicht entziffern kann, kyrillische Buchstaben, alle möglichen Flaggen. Ob die deutsche Flagge meines Schiffs wohl auch mal jemand exotisch finden wird, wenn ich nicht mehr im Heimathafen liege...?

Freitag, 31. Juli 2009

Weltum...ähhh...Rügenumsegler!

Um für einen Erholungsurlaub unglaubliche 7 Uhr holt uns der Wecker aus den Träumen. Wir haben nur wenig Zeit, bis die Rügendammbrücke öffnet. Verpassen wir die Öffnung, wird es knapp, rechtzeitig in Greifswald zu sein. Also schnell alles klarmachen, ordentlich frühstücken und dann los die Leinen. Beim Kaffeeschlürfen merke ich wie immer mehr Boote schon ablegen und wir gefühlt die letzten sind. Etwas Stress macht sich breit. Aber wie immer hat mich meine Wahrnehmung getrübt.
5-7 Bft. sind angesagt, etwas viel wie ich finde. Nach einem perfekten Ableger haben wir noch einige Zeit auf dem Wasser zu warten, bis die Brücke öffnet. Was sich dann über die nächsten zwei Stunden bietet, ist ein herrlicher Anblick. Dutzende von Urlaubern setzen hinter der Brücke ihre Segel und fahren den Strelasund in Richtung Osten. Wir mitten drin. Sooo viele Segel! Es sieht ein wenig aus wie eine Regatta.
Der Wind ist gnädig. Es sind deutlich weniger als 5 Bft würde ich sagen. Und er kommt schön aus West. Das bedeutet für uns entspanntes Vorwindsegeln. 4-6 Knoten zeigt uns unser GPS als Geschwindigkeit über Grund an. Die Wellen wiegen uns ganz sanft, was in Verbindung mit dem Weckerrasseln um 7 Uhr unglaublich müde macht.
Am Ende sind wir viel zu schnell nahe Greifswald, wir haben noch Zeit! Also drehen wir noch einmal um und kreuzen zurück und fühlen noch einmal Wind und Wasser beim Amwindkurs. Das Schiff arbeitet noch einmal. Und wir grinsen über beide Backen.
Nun ist es auf einmal doch Zeit, umzudrehen. Die Strecke, die wir in einer gefühlten Ewigkeit gegen den Wind gekreuzt haben, ist auf Vorwindkurs eins fix drei vorrüber. Und plötzlich sind wir vor der Brücke in Wieck…Wie schade! Vorbei!
Nachdem wir durch die Brücke fuhren legten wir noch einmal perfekt an. Boot noch einmal klarmachen ist der Plan. Und ein Eis essen! Gesagt getan! Ich schiesse noch einmal ein paar letzte Fotos von unserer Momo kurz vor der Abgabe. Dann gelingt beim Vercharterer zweimal, einmal an der Tankstelle und dann im „Parkplatz“, ein perfektes Anlegemanöver.
Anders als viele andere bleiben wir die Nacht noch auf dem Boot und fahren erst am nächsten Tag nach Haus. Abends fahren wir noch ans Meer und gucken uns Wieck an, nachdem wir das Boot halbwegs hergerichtet haben. Wir nehmen Abschied vom Meer. Und nach einer viel
zu kurzen Nacht und einem letzten Blick aufs völlig ruhige Meer geht es auf nach Haus.
Ich hätte nicht gedacht, dass es bei meinem ersten Törn rund Rügen gehen würde. Eigentlich dachte ich, es geht ein wenig die Müritz auf und ab. Wenn‘s hoch kommt, dachte ich, nehmen wir das Achterwasser von Usedom mit und fahren zum Stettiner Haff. Aber einmal ganz um Rügen und das offene Meer…Das ist schon was. Rund 150 Seemeilen Erfahrung liegen nun hinter mir. Nicht viel, aber ein guter Anfang. Gelernt habe ich in dieser Zeit unglaublich viel…vor allem dass es weiter gehen wird, dass es mich in meinem Masterplan bestärkt. Welt, du kannst kommen! Inzwischen habe ich bei der Segelschule den nächsten Segelkurs gebucht…

Donnerstag, 30. Juli 2009

Der härteste Ritt!

Es ist vier Uhr. Der Wind pfeift durchs Rigg und ich kann beim besten Willen nicht schlafen. Andauernd hab ich das Gefühl, eine Leine könnte sich lösen und der immer noch stark auflandige Wind drückt uns irgendwo gegen. Natürlich hab ich luvseitig doppelt Leinen gelegt. Es sollte alles sicher sein. So richtig vertraue ich der Sache aber nicht. Hinzukommen die 15 cm unterm Kiel…Was, wenn der Pegel sinkt?! Aber der Tiefenmesser gibt Entwarnung.
Acht Uhr. Der Wecker rasselt. Noch einmal zum Strand und Abschied nehmen von dieser wunderbaren Insel. Dann so schnell wie möglich weg von diesem ungeschützten Liegeplatz. Es gelingt ein perfektes Ablegemanöver aus der Box.
Der Wind kommt inzwischen aus Süd. Das ist genau die Richtung, in der unser Ziel Stralsund liegt. Der Motor wird heute wohl anbleiben. Zudem setzt Regen ein. Hauptsache wir bleiben in der Fahrrinne, denke ich mir.
Es schwimmt komisches Zeug im Wasser, es sieht aus wie herausgerissenes Schilf. Einmal kann ich nicht mehr ausweichen und fahre genau durch. Im gleichen Moment geht die Drehzahl unseres Motors extrem herunter. Das Zeug muss sich um die Schraube gewickelt haben. Schnell stoppe ich, fahre kurz Rückwärts, in der Hoffnung das Zeug löst sich wieder. Beim Vorwärtsgang merke ich: der Plan ging auf.
Der Win
d dreht auf Südwest. Ich habe die Idee, zur Unterstützung des Motors das Fock zu setzen. Guter Plan – Geschwindigkeitsverdoppelung. Irgendwann machen wir den Motor aus. Aber warum wird dieser verfluchte Wind immer stärker? Nur unter Fock laufen wir fünf Knoten am Wind, manchmal auch bei halben Wind. Warum legt uns der Wind jetzt nur unter Fock eigentlich auf gefühlte 60° auf die Seite? Warum kreuzen hier so viele Seenotrettungskreuzer. Wir haben etwas Schiss. Es muss irgendein Düseneffekt sein, der durch die kleine Öffnung zwischen Hiddensee und dem Darß entstehen muss. Irgendwann wird es zu hart. Wir haben zu sehr Sorge und beschließen, alle Segel zu bergen und unter Motor weiter zu fahren. Allerdings nehmen wir beim Schiessen in den Wind beinahe eine Sandbank mit, irgendwie waren wir schon ein Tonnenpaar weiter als gedacht.
Endlich im geschützten Stralsunder Hafen. Wir legen ganz außen an der Mole an. Die Momo ist etwas zu klein für den Platz, aber dank zahlreicher Fender sollte das hier kein Problem darstellen. Wir beschließen den Tag mit einem Rundgang durch Stralsund. Uns wird klar, dass morgen unser letzter Tag auf See ist und Melancholie macht sich breit. Aber ich lasse mir nichts anmerken und schrubbe erst einmal ordentlich das Deck. Danach schenkt uns der Wettergott einen wunderbaren Abendhimmel, der nicht oft genug fotografiert werden kann.

Mittwoch, 29. Juli 2009

Plumps - oder Lehrstunde Teil II

8 Uhr morgens. Wir müssen früh los, die Strecke ist verhältnismäßig lang. Also wieder mit dem Wecker raus aus den Federn. Beim Frühstück besprechen wir bereits das Ablegemanöver. Auf keinen Fall wollen wir uns so dumm anstellen, wie tags zuvor beim Anlegen. Wir sind nervös. Nach und nach legen die benachbarten Schiffe ab. Das ist gut so, wer weiß, was dieses Mal alles schief geht.
Bevor wir ablegen bemerken wir noch den Verlust des Schwimmkörpers am Bootsschlüssel. Und noch schlimmer, Steckschot und Schloss sind ebenfalls abhanden gekommen. Das wird Kautionsabzug geben. Gott sei Dank hat das irgendjemand gefunden und beim Hafenmeister abgegeben.
Und jetzt ist es soweit: nachdem die letzten Details besprochen sind, lasse ich den Motor an. Der Diesel brummt, die Leinen auf Slip. Es kann losgehen.
Und schon passiert es. Anders als der Wind es vermuten lässt, driftet das Boot am Bug in genau die andere Richtung als die geplante. Schuld muss die Strömung sein. Die vermeintliche Leeleine hat mein erster Maat gelöst und wir treiben ab. Ich rufe noch so etwas wie „schnell zurück“, will dass die Leine wieder das Boot an Land hält. Mein Maat will schnell an Land springen und Plumps….landet im Wasser. Großes Hafenkino. Wir hängen schräg in der Box, sodass die vermeintliche Luvleine uns hält.
Gelächter und Schock sind groß. Die Sachen nass. Es dauert einige Beruhigungsminuten, bis wir einen neuen Versuch starten. Dieses Mal geht alles glatt. Am Ende lachen wir darüber, am Ende sagen wir, dieser blöde Hafen in Lohme hat uns viel beigebracht. Und wir sagen, dass wir hier garantiert nicht mehr herfahren.
Endlich auf See. Seltener Ostwind. Wir beschließen, wegen des Ostwindes Rügen rudn zu machen und nach Hiddensee zu fahren. Beinahe Flaute, aber langsam kommen wir Kap Arkona näher. 2,3 Knoten zeigt das GPS. Die nassen Sachen vom Hafenbad hängen über der Reling zum trocknen.
Ganz langsam schleichen wir an Rügens Norden vorbei, an Kap Arkona und an überfüllten Stränden. Ich bin ganz froh, dass wir hier etwas ungestörter sind. Ich genieße die Ruhe und das dahingleiten. Vom baden halten mich heute aber die zahlreichen Quallen im Wasser ab.
Dann am Nordwestzipfel Rügens biegen wir in die Einfahrt zwischen Hiddensee und Rügen ein. Wir erkennen schon lange den markanten Leuchtturm von Kloster. Durch die Kursänderung sind wir nun auf Halbwind und rauschen mit gemütlichen 4-5 Knoten dahin und spüren den Wind. Es ist ein wenig wie die Ruhe vor dem Sturm. Ich habe etwas Sorge, da man von den Wasserstraßen zwischen Hiddensee und Rügen nicht abweichen darf – links und rechts davon sind 30 cm Wassertiefe schnell erreicht. Aber das stellt sich als absolut unproblematisch dar.
Wir sind spät dran. Und dabei wird mir klar, warum diese Segler so verdammt früh aufbrechen. Nicht nur, dass dadurch bessere Windverhältnisse existieren, nein, auch die Häfen sind nicht so voll. Für uns ist hier in Vitte jedenfalls kein Platz mehr. Nach einer perfekten Wende auf engstem Raum machen wir uns auf zum Berufsschifffahrtshafen. Da finden wir Platz…beim Anglerverein. „Anlegen verboten“ – das Schild entdecken wir erst nach unserem ersten perfekten Boxenanlegemanöver. Nach ein paar Telefonaten steht aber fest: Wir dürfen liegen bleiben und sollen dem Schlosser etwas zustecken. Nur der Tiefenmesser bereitet mir etwas Sorge…nur 15-20cm unterm Kiel…
Wir beschließen den Tag, indem wir am herrlichen und einsamen Hiddenseer Strand nach Muscheln und Bernstein suchen. Der Strand von Hiddensee bedeutet mir irgendwie sehr viel. Ich mag es, die Strandkörbe anzusehen, die markante Landschaft anzuschauen, mag es, dass es nicht so voll ist…Und ich erinnere mich an einige schöne Momente hier, an denen es mir einfach nur gut ging. So wie jetzt wieder…Die Seele baumeln lassen…das kann man hier gut.
Zur Feier des Tages gehen wir in meinem Lieblingsrestaurant Essen. Eigentlich macht die Küche gleich zu, aber wir bekommen durch unsere Überredungskunst noch etwas. Ich esse Gemüseauflauf, hmm, lecker. Toll, was man aus Resten für ein schmackhaftes Gericht machen kann.

Dienstag, 28. Juli 2009

Der kurze Ritt nach Lohme - oder Lehrstunde Teil I

Bis Lohme ist es nicht weit, denke ich, das schaffen wir alle Mal. Einfach nur um die Kreidefelsen herumsegeln und dann gemütlich festmachen, das war der Plan. Deswegen haben wir auch Zeit und schlafen erstmal richtig aus. Gegen 11 krieche ich aus den Federn.
Wir gehen gemütlich einkaufen. Postkarten stehen auf dem Zettel, ebenso Sonnencreme und Sanddornlikör.
Wir treffen noch einmal unseren netten Bootsnachbarn, der uns stolz von seinem Friseurbesuch erzählt. Ihn zieht es beim heutigen Westwind nach Swinemünde – die deutsche Mentalität war ihm nicht so geheuer. Also belässt er es wohl bei einem Tag hier im Land. Er fragt uns nach unserem Ziel und gibt die hohen Wellen und den Gegenwind zu bedenken. Keine Ahnung woher er das wissen will.
Beim Ablegen ist er längst weg, aber da sind noch zwei andere, die gerade ablegen wollen. Da sie uns gestern geholfen haben, helfen wir ihnen heute. Sie stellen sich als ähnlich erfahren wie wir heraus. Noch dazu sprechen sich die beiden gleichaltrigen und eher als Paar wirkenden mit „Sie“ an. Wir bekommen einen kleinen Streit zwischen den beiden mit. Und noch dazu halten wir die Planung ihres Ablegemanövers für wenig geeignet. Nun gut, wir helfen diesen etwas sonderbaren Menschen und denken uns unseren Teil. Dann sind wir dran mit dem Ablegen – uns hilft keiner.
Ist auch gut so, denn mir gelingt ein bilderbuchreifer Ableger bei auflandigem Wind. Dann geht’s Richtung Kreidefelsen.
Zunächst ist es gemütliches Segeln. Auf Halbwind kommen wir gut voran. Aber wir müssen um die Ecke herum und dabei wird der Wind stärker. Wir reffen, was gar nicht so einfach ist. Wir holen sogar das Fock ein, weil es uns zu windig wird. Und verdammt, woher kommen diese hohen Wellen? Und woher wusste das der nette Mann aus Bornholm/Schweden? Wir ziehen das Fock wieder aus und spielen mit den Wellen. Es fängt an, tierischen Spaß zu machen. Wir reiten die Täler aus und surfen die Wellen hinunter. Ein Riesenspaß. Aber um unser Ziel gegen den Wind zu erreichen müssen wir kreuzen. Nach einer Wende kommen die Wellen von der Seite, was mehr Bewegung ins Boot bringt und das Sicherheitsgefühl schwinden lässt. Aber auch daran gewöhnt man sich.
Nach ein paar Stunden ist die Hafeneinfahrt von Lohme in Sichtweite. Wir sind gut vorbereitet, zuerst die Heck-Luvleine und dann der Rest. Das ist der Plan. Mal sehen. Und dann passiert es.
Ich entscheide mich für die erste freie Box mit Sicherheitsabstand in Form eines freien Platzes zum nächsten Schiff nach Lee. Ich versuche die Achterleine luvseitig über den Poller zu werfen. Es gelingt nicht. Am Bug kommen wir aber gut an. Wind und auch Strömung sorgen nun für ein Desaster. Unser Heck dreht weg, auf einmal liegen wir quer am Steg. Gott sei Dank ist die Momo so kurz, dass der eingeplante Sicherheitsabstand ausreichte. Ich habe keinen Plan, wie wir das hinbekommen sollen…Nur dank der zahlreichen und aufopferungsfreudigen Hilfe der anderen Segler am Steg schaffen wir es irgendwie. Irgendwann allerdings bemerke ich einen grimmig guckenden Herren am Nachbarboot. Als wir endlich zur Ruhe gekommen waren resümierte er noch einmal mit äußerst unfreundlichen Worten unser Anlegemanöver. Eigentlich wollte ich zu diesem Zeitpunkt nur noch weg aus Lohme.
Nachdem der Schreck und das Gemecker von Nebenan verarbeitet war, ging es an den wunderbaren steinigen Strand von Lohme. Es gibt hier viele weichkantige hohe Felsen, die zum verweilen in der Abendsonne einladen. Zur Krönung des Tages wird der Sanddornlikör getrunken.

Montag, 27. Juli 2009

Invasion der Schwebfliegen

Für meine Verhältnisse krieche ich früh aus dem Bett. Aber alle anderen sind längst schon beim Klarmachen des Bootes. Heute ist Traumwetter angesagt. Nicht zu windig, Sonne satt, Viele wollen ins Achterwasser. Das war auch unser Plan, wäre da nicht Lars gewesen. Lars meinte, es wäre an einem Tag perfekt nach Sassnitz zu schaffen. Die Verlockung ist groß. Und da das Wetter nicht schlimm wird, beschließen wir, nach Sassnitz zu fahren.
Wir kommen viel zu spät los und sind sehr aufgeregt wegen unseres zweiten Ablegemanövers. Das klappte eigentlich ganz gut, aber da alles ganz schnell gehen musste, konnten wir die Leinen nicht ordnungsgemäß über die Poller legen…Naja, die werden sich ihren Teil denken.
Bei leichtem Wind platschen wir mit 4 Knoten Richtung Rügen. Je näher wir kommen, desto weniger Wind haben wir allerdings. Bei einer notwendigen Kursänderung auf Vorwind spürt man nichts mehr vom Wind. 2,6 Knoten zeigt das GPS noch an. 2,2….2,0…1,8 So schaffen wir es nie nach Sassnitz. Außerdem werden diese lästigen Schwebfliegen immer mehr. Da will man sich gemütlich in die Sonne legen und etwas braun werden, aber alle paar Sekunden setzt sich eine dieser Schwebfliegen irgendwo auf die helleHaut. Nicht einmal Fotos gelingen, weil sich die Mistbiester auf die Linse setzen. Ich erkläre ihnen den Krieg und versuche sie zu verjagen. Die ebenso zahlreichen Marienkäfer und Schmetterlinge dürfen hingegen bleiben. Die machen es sich nämlich nicht in meinem Gesicht gemütlich.
1,2 Knoten Fahrt. Nun ist Schluss. Motor an. Eine Stunde lang tuckeln wir um die Südspitze Rügens in der Hoffnung auf mehr Wind. Dann glaube ich etwas zu spüren, aber vorher will ich noch baden gehen – die Sonne hat mich bisher nur in Schweiss baden lassen. Verflucht, ist diese Ostsee kalt. Der Badespaß ist allerdings schnell vorbei, nachdem sich meine Mannschafft ausgerechnet an der Badeleiter stark verletzte…
Nach dem Baden ist etwas Wind zu spüren. Auf Halbwind werden wir bis Binz getragen und haben gute vier Knoten Fahrt. Dann sehen wir schon Sassnitz. Mit inzwischen auf Süd gedrehtem Wind und somit Vorwindkurs und etwas weniger Fahrt steuern wir ganz langsam aufs Ziel. Schade, dass der Törn schon wieder vorbei ist.
In Sassnitz gelingt uns ein ganz guter Anleger. Einem anderen Boot machen wir noch Platz und bekommen dafür sogar eiskaltes Bier von dessen Crew. Und wir lernen einen netten älteren Herrn kennen, der vor uns fest gemacht hat und auch aus Berlin kommt. Mit ihm kommen wir gut ins Gespräch. Er erzählt uns, dass er seit 3 Monaten das erste Mal wieder deutschen Boden betritt. Und er erzählt uns, dass er gerade aus Bornholm kommt. Die vergangenen Monate hat er in Schweden verbracht, wo er entlang der Küste und nahe verschiedener Inseln gesegelt ist und dort gern auch einfach nur in Buchten vor Anker lag. Einhand, im Übrigen. Er wirkt irgendwie glückselig, wenn er so erzählt, das finde ich toll. Er hört heraus, dass wir keine große Erfahrung haben und sagt nur „irgendwann muss man ja mal anfangen“, anstatt kluge Ratschläge zu geben. Ein netter Mensch!
Am Abend liegt dann über dem Hafen eine geheimnisvolle Stimmung in der blauen Stunde. Ich kann nicht widerstehen und versuche das Licht in ein paar Fotos festzuhalten.

Sonntag, 26. Juli 2009

Verflucht, sind das Wellen!

Um 8 Uhr morgens hören wir die ersten Segler nebenan ihr Boot klarmachen. Ich werde wach und bin aufgeregt und kann nicht mehr schlafen. Außerdem habe ich die Route noch nicht vollständig ins GPS eingegeben. Also raus aus den Federn nach der ersten Nacht an Bord.
Der Wind heult und Schlechtwetterwolken rasen auf uns zu. Der Wetterbericht gibt erst für den Nachmittag Entwarnung. Der Himmel sieht aber überhaupt nicht nach Entwarnung aus.
Nach dem ausgedehnten Frühstück kommt nun die offizielle Bootsübergabe mit dem Vercharterer. Alle Fragen und Funktionsweisen von Leinen, die ich nie zuvor gesehen habe, habe ich Gott sei dank am Vorabend mit Lars klären können. Also geht alles schnell und glatt über die Bühne. Wir müssen auch langsam los, wenn wir die nächste Brückenöffnung in Wieck mitnehmen wollen. Das erste Ablegemanöver mit einem Schiff, das gar keinen Außenborder hat, steht bevor. Radeffekt, Steuerwirkung erst bei der Fahrt…lauter Dinge die ich nur aus Büchern kenne und die ich jetzt erstmals spüren werde.
Ich versuche in die Vorspring einzudampfen. Es passiert nicht viel. Genaugenommen werden wir wieder vom Wind an den Steg gedrückt. Mit dem Bootshaken stoßen wir uns ab, vom schwachen Motor, wie sich der Vercharterer ausdrückte, spüre ich tatsächlich nichts.
Ziemlich unkontrolliert kommen wir frei und das Bug geht irgendwie am benachbarten Boot vorbei. Ganz langsam tuckeln wir aus unserer Parklücke.
Immer wieder denke ich mir, das kann doch nicht die Fahrt sein, die dieser Motor zustande bringt, das kann nicht alles sein. Macht so einen Lärm und nichts passiert. Nach 10 Minuten Fahrt beschließe ich, etwas mit dem Gashebel herumzuspielen.
Auf einmal ruckt es und wir kommen endlich in Fahrt. Ich meine, richtig in Fahrt. Was war passiert? Nun, meine nachträgliche Problemanalyse hat folgendes Ergebnis gebracht: Nicht der Motor bewegte uns die ganze Zeit, sondern es war der Wind der zufällig richtig wehte für unsere beabsichtigt Fahrtrichtung. Unser Motor war die ganz Zeit im Leerlauf. Entstanden ist dieser Fehler wegen dem roten Knopf am Gashebel – der war nämlich bei der Fahrschule dazu dar, den Gang hineinzulegen. Offenbar funktioniert bei der Momo der rote Knopf etwas anders…Egal was es war, die Momo rast mit 6 Knoten auf die Wiecker Brücke zu…
Wir sind viel zu früh da. Wir müssen noch einmal an der Hafenmauer festmachen. Mist, nach so kurzer Zeit gleich ein Anleger. Der gelingt interessanter Weise. Spannender ist es, dass wir sogleich wieder ablegen müssen und mit all den anderen wartenden Schiffen durch die gehobene Brücke wollen. Dabei kommt es fast zu Katastrophe. Ich bekomme wieder den Gang nicht ordnungsgemäß rein. Wir driften, dazu noch andere Boote im Weg…Beinahe Kollision. Alles gut, nochmal Glück gehabt. Dann tuckern wir rauf auf die Ostsee.
Hier spüren wir langsam den strammen Wind. Längst haben alle anderen Boote die Segel gesetzt und auch wir wollen es nun wagen. Wir lassen alle anderen vorbei sodass wir schön viel Raum haben, falls etwas schief geht. Wir schiessen in den Wind und setzen was wir haben. Zur Sicherheit reffen wir dabei gleich. Und dann geht’s los.
Wow, der Wind legt sich bei leichtem Amwind-Kurs in die Segel und zieht uns mit 6 Knoten aufs Meer. Die Wellen sehen gar nicht so hoch aus, aber sie verprügeln unsere Momo ganz gewaltig. Ich bin sehr angespannt – so viel Bewegung im Boot hatte ich noch nicht. So viel Krängung ebenfalls nicht. Das Boot schaukelt wie eine Nussschale. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind wir draußen auf dem Meer bei der Greifswald-Tonne – unter Segeln eine Weltreise für mich. Und mit 5 Bft. ist das für mich auch quasi Sturm.
An der Greifswald-Tonne müssen wir etwas entscheidendes am Kurs ändern. Wir gehen auf Vorwind-Kurs und die Wellen stören nicht mehr so. Das Boot schaukelt zwar immer noch gut, aber erstens spürt man den Wind nicht mehr so stark (wegen dem resultierenden aus wahrem und Fahrtwind) und zweitens verprügeln die Wellen die Momo nicht mehr, nein, sie wiegen sie.
Doch dann passiert es: Der Wind dreht leicht, die Fock fällt ein, ich reiße zwar die Pinne noch zum Großbaum, aber es ging alles viel zu schnell. Ich rufe noch „Rund Achtern“ ziehe instinktiv den Kopf ein….ja Moment mal, warum ziehe ich bei diesem Schiff den Kopf ein, schließlich geht der Großbaum über meinen Kopf hinweg?! Es kann gar nichts passieren! In jedem Fall geht dadurch mein Kopf etwas nach vorn, genau in den Arbeitsbereich der Großschot, die sich bei der nun folgenden Patenthalse alsbald an meinen im Weg befindlichen Hals lehnt und diesen beherzt gegen die Bordwand quetscht. So fühlt sich also Strangulation an. Nun gut, Alles gut gegangen. Nur ne kleine Wunde am Hals.
Darum sind wir weiter angespannt. An Fotos denken wir in diesem Moment nicht. Schließlich liegen die Untiefen vor Usedom vor uns. Hier klappt aber alles reibungslos. Nur im Hafen von Kröslin verpassen wir die Marinaeinfahrt. Wir machen daneben fest, beim Bootsbauer….und blamieren uns mit unserem ersten Boxenanlegemanöver, nachdem wir fast auf Grund gesessen hätten. Aber man hilft uns und lacht nur innerlich über uns. Immerhin hat der Hafenchef Respekt davor, dass unser erster Ritt bei diesem Wind durch die Wellen ging. Die seien heute wirklich hoch gewesen, meint der Hafenmeister.
Geschafft! Überglücklich genießen wir in Kröslin die Abendsonne bei nunmehr 0 Bft.

Samstag, 25. Juli 2009

Anfahrt

Mit einem etwas mulmigen Gefühl im Magen ziehen wir los nach Greifswald. Dort wartet auf uns eine kleine süße Hanse 301. Es ist das kleinste Boot im Yachthafen aber von innen viel größer als erwartet. OK, die Achterkajüte dient wohl eher der Verstauung und nicht dem Schlaf, noch dazu bei etwas Motorengeruch. Aber vorn schläft es sich ganz gut. Die Innenraumbeleuchtung hebt das holzfarbene Innere des Bootes hervor und man fühlt sich dadurch irgendwie recht sicher auf einem passablen Schiff.
Ich mache mich mit der Funktionsweise vertraut. Sieht eigentlich alles ganz einfach aus. Ein Selbstwendefock, da kann man kaum was falsch machen, Reffleinen…Aber was zum Teufel mach ich mit den Strippen die seitlich des Segels am Groß sind? Bisher hab ich solche Leinen noch nie gesehen. Ich rufe Lars an, der mir die Funktion des Segelsacks erklärt.
Technik. Das Schiff hat alles was man so braucht. Nur leider bin ich mit der Bedienung der Geräte recht wenig vertraut. Das Funkgerät sieht völlig anders aus als das mit dem ich ausgebildet wurde. Mit Radargeräten hab ich keinerlei Erfahrung, also lasse ich gleich die Schutzkappe auf dem Gerät. Ehe ich das GPS in Betrieb bekomme, brauche ich fast eine Stunde. Bis nachts um eins sitze ich und gebe die Route für den nächsten Tag ein. Der Plan: Zunächst zur Greifswald-Tonne, dann weiter zur L16 Tonne, rüber zur O30er und dann über die KR2er ins Fahrwasser Richtung Kröslin. Es sind 5 Bft angesagt…

Samstag, 18. Juli 2009

Vortag

Auch nach getaner Ausbildung gab es keinen Abbruch am wochenendlichen Segelspaß. Unzählige Male ging es raus aufs Wannmeer und es ging darum, zu lernen, auf sich selbst gestellt zu sein und einfach Erfahrungen zu sammeln.
Anspruchsvoll war es, mit teils völlig unerfahrenen Leuten ganz von vorn anzufangen und schon weit hinaus zu segeln. Nach einer Weile wusste ich aber, wie ich meine „Mannschaft“ steuern kann und dann ging es ja auch immer besser.
Ich fand es sogar ganz gut, dass manchmal an den Booten auch etwas nicht stimmte und ich so Übung im Improvisieren fand. Geschafft habe ich es am Ende einige Male bis Potsdam.
Einmal wurde mir auch etwas mulmig. Mitten an der windigsten Stelle im Berliner Meer, ach was sag ich, Ozean! kam eine Schlechtwetterfront auf uns zu. Die Windkraft darinnen hatte ich unterschätzt. Es waren sicherlich gute 7 Bft für ein paar Schreckminuten. Ich entschied mich für Vorwindkurs, der war am stabilsten, noch dazu mit meiner völlig ungeübten Besatzung. Ich wusste gar nicht dass das Boot so schnell sein kann und ich fand es am Ende sogar noch lustig.
Und jetzt? Verdammt, noch eine Woche und es geht auf die Ostsee. Lars machte mir immer gut Mut was das Revier und meine Erfahrung angeht. Ich hoffe er hatte Recht. Auf der Seekarte sieht die Einfahrt nach Usedom schon recht eng aus….

Samstag, 6. Juni 2009

Basiskonfiguration

Natürlich war ich wieder der Meinung, ich werde die letzte meiner vier Prüfungen nicht schaffen. Natürlich dachte ich, ich sei richtig schlecht in der Theorie. Und natürlich dachte ich nach meinem Praxis-Auffrischungstermin: das wird nie etwas mit der praktischen Prüfung. Ebenso natürlich habe ich dank eines erheblichen Schlafmangels mal wieder alles geschafft. Ich weiß jetzt, dass es öl-, wasser- und fettgeschmierte Stopfbuchsen gibt, nicht aber was eine Stopfbuchse ist und wozu sie gut ist. Ich weiß dass man mit einer Takling den Tampen vor dem Aufgehen bewahrt, und hätte ich bei wiki nicht nachgeschaut, wüsste ich bis heute nicht, was ein Tampen und eine Takling überhaupt ist. Vor allem aber habe ich keine Ahnung, wie wohl ein größeres Boot zu segeln ist. So richtig bereitet die Ausbildung nicht auf die Praxis vor...
Ich habe Robert auf der Prüfung wieder getroffen. Robert hat schon Erfahrung im Kojen mieten auf Hochseefahrten. Das wäre wohl auch was für mich, um Meilen zu sammeln und Erfahrungen vom Skipper zu erhaschen. Er hat erzählt von Skippern, die eine eigene Firma haben, die nebenbei läuft, während sie als GFs ein paar Monate Pause machen und eben Leute übers Mittelmeer schippern. Klingt nach meinem Zukunftsplan, oder?! Vielleicht ergibt es sich, mit Robert und anderen mal zusammen eine Koje zu mieten....

Was jetzt folgt ist Übung, Übung, Übung. Mit einigen Freunden habe ich schon Segeltermine ausgemacht, da werde ich ein wenig mein Wissen testen und den Freunden ein Abenteuer ermöglichen können. Und im Sommer dann geht es auf große Fahrt. Das zumindest ist Plan. Ich bin gespannt, was davon Wirklichkeit wird.

Samstag, 23. Mai 2009

Schon ein halber Segellehrer

Irgendwie haben sich die Rollen neu verteilt. Seitdem zum letzten Prüfungstermin alle schon etwas erfahrenen Segelschüler weg sind, bleiben jetzt die etwas unerfahrenen...und ich! Trotz geringer Erfahrung sollen alle schon allein und ohne Lehrer auf die Boote – teilweise mit etwas erfahreneren Schülern. Schon zum zweiten Mal ist es jetzt vorgekommen, dass ich die Rolle des „Lehrers“ übernommen habe und die wichtigsten Kniffe beibringe. Dafür bedanken sich die eigentlichen Lehrer sogar bei mir. Ich find’s toll. Ich scheine also auf dem besten Weg zu sein zum Meeresbezwinger. Gerade heute aber hat das Mann-über-Bord-Manöver alles andere als gut geklappt. Ständig drehende Winde zudem in starken Böen haben es nicht gerade einfach gemacht, zu navigieren. Zwei Mal brauchte ich drei Anläufe, weil mir im entscheidenden Moment der Mann, also die zu bergende Boje vom Wind weggedriftet wurde. Damit würde ich wohl kaum durch die Prüfung kommen. Aber vielleicht wird es morgen am vorerst letzten Termin ja besser.

Seit Anfang April besteht eigentlich ausnahmslos jedes meiner Wochenenden aus den Segelterminen. Fast immer war dabei bestes Wetter. Mit Ausnahme einiger weniger „Reibungsverluste“ war es eine wunderbare Zeit, die ich gerne auch mal mit sonntäglichen Erkundungen des Wannsees verbunden habe. Wenn alles nach Plan läuft, dann ist dies das letzte dieser Wochenenden, dann gibt es danach nur noch einen Auffrischungstermin unter der Woche kurz vor der Prüfung. Der Weg über die Autobahn bis ans andere Ende der Stadt zum Bootshaus zelebriert längst den Start des Wochenendes. Es wird mir fehlen, hier her raus zu fahren.

Andererseits – warum sollte Schluss damit sein? Jetzt geht’s erst richtig los! Immer wieder werde ich mir ein Boot mieten und mich auf das echte Berliner Meer hinaus trauen, also alles was hinter der magischen Linie liegt, die wir nie überfahren haben, alles außerhalb unserer schützenden Bucht. Mach dich auf den Meeresbezwinger gefasst, du Wannmeer!

Samstag, 16. Mai 2009

Auf ein Neues...

Es ist Freitagabend, 21 Uhr. Erschöpft und übermüdet komme ich von der Arbeit. Blöde Idee, diese Woche noch diese dämlichen Funkprüfungen zu machen. Ich gehe die Fragebögen durch, mache immer noch viel zu viele Fehler. Teile des UBI-Bogens mache ich heute zum ersten Mal. Was soll das bloß morgen werden? Gegen zwei Uhr falle ich ins Bett.
Samstagmorgen, 7 Uhr – mein Wecker klingelt. Welcher Idiot legt Prüfungen am Wochenende auf derart blöde Zeiten? Hat doch alles keinen Zweck, ich schaff das heut niemals.
9:30 Uhr. Ich stehe im Regen in Grünheide vor irgendeinem Bundeswehrhaus. Hier soll es heute also zur Sache gehen. Ich nehme Platz im Prüfungssaal. Neben mir steht ein Bücherregal. Ich kann deutlich erkennen, dass auf einem der Bücher in großen Buchstaben „FOLTER“ steht und denke mir hier in diesem Bundeswehrgebäude meinen Teil. Dann geht’s los.
Für den SRC geht alles von der Hand. Beim UBI kommen genau alle Fragen dran, die auf meiner Unsicherheitsliste standen. Danach heißt es warten. Insgesamt sitze ich 2 Stunden vor dem Zimmer, in dem auch praktisch geprüft wird. Ich freue mich, hier Guido wieder zu treffen, mit dem ich zusammen die Praxisausbildung gemacht hab. Wir unterhalten uns ein wenig und gehen die Algorithmen durch.
Auf einmal sind wir dran und es passiert. Wie im Trance tippe ich bei einer vorgegebenen „Wir verlassen das Schiff“ Meldung zuerst „Explosion“ (immerhin war das Schiff explodiert) und dann auch noch „Undesignated“ (es gab Verletzte) in den DSC Controller. Und schicke die Meldung ab. Durchgefallen? Schnell rufe ich, dass ich einen Fehler gemacht habe. Ich darf gegen Mehrarbeit den Notfehlalarm zurücknehmen und neu absetzen. Das war knapp. Dann noch ein paar Meldungen, bei denen ich ungewohnt unsicher bin.
Auf einmal soll ich zwei Lappen unterschreiben. Bestanden! Mal wieder bin ich überglücklich. Mit meinen beiden Scheinen in der Hand gehe ich stolz wie ein Honigkuchen raus, auf einmal kommt die Sonne durch und lacht mir ins Gesicht. Herrlich! Und meine Verteidigung hab ich schon am Mittwoch abgehakt. Und was habt Ihr so die Woche gemacht? Das war zu viel meintet ihr? Ha, aber ihr habt nicht mit dem Incredible Micha gerechnet, was?!

Dienstag, 12. Mai 2009

Angst

So langsam dämmert es mir, dass ich mir vielleicht ein wenig viel vorgenommen habe. Allgemein natürlich nicht – aber in dieser speziellen Woche schon: Die härteste Woche des Jahres 2009. Ursprünglich stand für das Ende dieser Woche nur die SRC-Funkprüfung an. Dummerweise habe ich heute eine andere wichtige Prüfung zu bestehen. Meine Disputation. Der Titel wird später vielleicht die Basis sein, um mir meinen Traum auch finanziell zu ermöglichen und hat demnach eine hohe Bedeutung. Irgendwie ist mir die Disputation gegenüber der Funkprüfung aber zunehmend unwichtiger geworden, meine Vorbereitung funktioniert einzig und allein durch meine tagtägliche Beschäftigung mit den Inhalten bei der Arbeit.
Aber gut, das reicht nicht dachte ich, also habe ich gleich noch und ganz kurzfristig beschlossen, den UBI-Funkkurs zu machen und Ende der Woche mit dem SRC gleich in die Prüfung zu gehen. Seit Tagen verbringe ich die Abende über den Büchern. Und ich bin mir überhaupt nicht sicher, ob ich das alles packe. Ich bin wahnsinnig? – meint ihr vielleicht...Stimmt!

Freitag, 1. Mai 2009

Kleiner Rückschlag – oder einfach nur Friktionen

OK, zugegeben, vom ersten Eindruck ist nicht mehr viel übrig. Das Segeln gehört längst zum Teil dieser wunderbaren Wochenenden in diesem äußerst warmen und sonnigen April, und ich habe die wichtigsten Kniffe drauf. Ich bin inzwischen nicht nur die Riesenjolle gefahren, sondern auch den Jollenkreuzer (links) und eins von diesen Booten, die gern auch einmal umkippen (unten rechts). Inzwischen war ich sogar schon einmal ohne Lehrer unterwegs, ganz allein mit einem anderen Segelschüler an Bord. Wenden, Halsen, kein Problem. Mann über Bord – mach ich mit Links - solange es nur eine Boje ist jedenfalls. Klar, ich bin weit davon entfernt, richtig segeln zu können, aber heute bin ich das erste Mal die Prüfungssituation nachgefahren - mit positivem Ergebnis. Ein Fehlversuch, beim zweiten Mal alles Paletti. Es macht Spaß und ich ärgere mich ein wenig, dass ich nicht schon Anfang Mai die Prüfung mache. Um die Welt zu segeln, ist inzwischen zumindest vorstellbar geworden.


Einer anderen Übung war ich mir von Anfang an bewusst – und wohl doch nicht gewachsen. Menschen. So ein Segelkurs vereint sehr unterschiedliche Leute. Da sind die, die einem nach 5 Minuten sympathisch sind, mit denen man sich Segeltörns vorstellen kann, mit denen man vielleicht sogar befreundet

sein kann. Aber dann gibt es da auch die anderen, die bei denen man nach 10 Sekunden weiß, dass man es mit ihnen nicht allzu lange aushält. Was soll ich sagen: Wenn diese Herrschaften am Steg stehen, um mit mir ins Boot zu steigen, ist alle Vorfreude verpufft. Stattdessen denke ich nur daran, wie ich schnellstmöglich die Zeit totschlagen kann und um die Übungsstunde herum komme. Das Ganze hat nun zumindest einmal dazu geführt, dass ich bereits nach wenigen Minuten für meine Verhältnisse relativ barsch und natürlich in eigenen und diplomatischen Worten „Halt’s Maul“ meinem Gegenüber an den Kopf warf. (Zugegeben, wörtlich sagte ich während ich wohl seinen durchaus erfahreneren Kommandos (die er überhaupt nicht zu geben hatte) NICHT folgte: „Bleib mal ganz ruhig, wir brauchen noch ein paar Meter, das passt schon“, was nichts an der Bedeutung im oben genannten Sinne ändert)

Ich sage mir, es sind ja nur 2 Stunden und morgen schon wird jemand anders mit dir ins Boot steigen. Morgen wird es wieder Spaß machen. So richtig davon überzeugt bin ich aber nicht. Ich denke mir, vielleicht sollte ich, anstatt die Klappe zu halten und immer nur diplomatische Worte zu wählen, auch einfach mal meine Meinung sagen. Aber ich würde mir viel lieber selbst ein Boot mieten, den ein oder anderen aus meinem Freundeskreis mitnehmen, aber um Gottes willen kein Risiko eingehen und mit einem dieser Leute unterwegs sein, bei denen man Reibungspunkte bereits nach wenigen Sekunden feststellt.


Aber ich versuche das positiv umzuinterpretieren. In der Regel gehe ich Menschen aus dem Weg, die mich derartig stören. Auf dem Boot kann ich ihnen nicht aus dem Weg gehen und ich kann selbst beobachten, welche Eigenschaften es sind, die mich so sehr stören. Das ist nicht nur interessant sondern gut für die weitere Entwicklung meiner Menschenkenntnis. Vielleicht lerne ich dann auch, wie ich mit solchen Situationen besser umgehen kann. Tatsächlich scheint es eine Faustformel zu geben für Menschen, mit denen ich meine Probleme habe. Überheblichkeit, Besserwisserei, Hochstaplerei, gepaart mit einer großen Klappe und Arroganz bei gleichzeitigem Nichtskönnen und Nichtswissen und – wie ich heute merkte – Hektik sind die Gewürze, die mir sehr schwer auf den Magen schlagen. Ich mag es eher ruhig, ich mag Understatement, immer auch gesunden Selbstzweifel haben (natürlich bei gesundem Selbstbewusstsein), tief stapeln aber viel können und viel wissen. Ach und sagte ich schon „ruhig sein“?


Was ist die Lehre aus dem Ganzen? Wenn man sich nicht sicher ist, ob jemand zu einem passt, dann nimmt man ihn oder sie einfach mal eins, zwei Stunden mit aufs Boot und segelt ein wenig den Wannsee entlang. Wenn nach einer halben Stunde immer noch Sympathie da ist bzw. keine störende Situation aufgetreten ist, dann sollte man schleunigst über Dinge wie heiraten oder ewige Freundschaft nachdenken! Leute mit denen es früher oder später Probleme geben wird, werden dagegen spätestens nach zehn Minuten das erste Mal nerven!

Freitag, 10. April 2009

Erste Segelstunde

Ich kann es nicht fassen. Heut soll der Tag sein, an dem ich zum ersten Mal die Segel dichtholen, Halsen und auch Wenden fahren werde. Der Segellehrer meint, es wäre heut ganz schön windig, das würden harte Bedingungen für die erste Stunde werden.

Zunächst mal zum Boot. Der Kahn ist vielleicht sechs, sieben Meter lang und aus Holz. Eine Art Riesen-Jolle. Motor? Wozu? Es gibt Paddel. Dumm nur, dass man um aus dem Liegeplatz zu kommen gegen den Wind paddeln muss. Unser Segellehrer macht es vor. In der Box noch paddelt er wie ein Verrückter, um uns klar zu machen, mit welcher Stärke wir gleich MINDESTENS paddeln müssen.

Ich mach mich bereit. Es geht los. Wie ein Berserker hacke ich durch das Wasser und ganz langsam kommt das Boot in Fahrt. „Wir haben Glück“, ruft der Segellehrer von hinten, der Wind sei gerade etwas eingeschlafen. Deswegen kommen wir auch in Fahrt. Wir machen am Poller weiter draußen fest, um in Ruhe die Segel zu setzen. Der Wind dreht. Falscher Poller. Wir brauchen den auf der anderen Seite vom Steg, um nachher auch mit dem Wind weg zu kommen. Also nochmal paddeln...

Dieses Mal ist der Wind gegen uns. Mit aller Kraft drehen wir rum, aber verpassen den anderen Poller. „Stärker paddeln“, grölt es von hinten, aber ich bin schon längst am Ende meiner Kräfte. Gott sei Dank ist weiter hinten noch ein Poller. Den erwischen wir gerade so.

Ich habe nicht gefrühstückt. Außerdem bin ich krank. Entsprechend beschäftigt ist mein Körper mit der morgendlichen Anstrengung und nach viel zu wenig Schlaf. Ich klappe beinahe ab, aber Gott sei dank bekommt das keiner auf dem Boot mit. Völlig erschöpft vom paddeln sitze ich erstmal und ruhe mich aus. Und sind wir mal ehrlich: Das war noch kein Wind! Was soll das noch werden...

OK. Ab jetzt wird alles gut. Segel setzen. Ich muss die Stagreiter am Vorstag festmachen. Ich mach einige falsch herum ran. Nochmal alles ab machen, zweiter Versuch. Leine verheddert. Dritter Versuch. Diesmal stimmt‘s. Jetzt soll ich das Groß setzen. Irgendwas klemmt, es ist sauschwer und ich bin noch vom paddeln völlig hinüber. Klemmstelle gefunden. Ich ziehe an dem Seil wie ein Irrer. Das Groß geht endlich hoch und sitzt. Puh. Splitter eingefangen. Daumen tut weh. Völlig erschöpft. Noch nicht einen Meter gesegelt.

Keine Ahnung was jetzt passiert ist. Der Segellehrer jongliert mit irgendwelchen Seilen und zaubert und plötzlich sind wir auf dem Wasser und gleiten dahin. Ich soll das Fock übernehmen, soll da irgendwelche Leinen spannen, also dichtholen. Wir fahren erstmal quer über den See, um ein Gefühl zu bekommen. Wahnsinn, wie allein der Wind uns so schnell beschleunigt und durchs Wasser gleiten lässt. Wahnsinn das Geräusch des Wassers, wie es am Schiffskörper bricht. Wahnsinn die Krängung des Bootes.

Inzwischen hab ich begriffen, was ich mit dem Fock anstellen muss. Halsen und Wenden am Fock sind jetzt kein Problem mehr. Inzwischen hab ich Handschuhe gefunden, sodass die Leinen meine Hände nicht aufreißen.

„Micha, jetzt bist du dran“ heißt es auf einmal vom Segellehrer. Ich muss an die Pinne und das Groß bedienen. Was mein Ausbilder nicht einschätzen kann, ist die Qualität meiner Steuerkunst, die ich bereits als Steuermann beim Rudern vorgeführt habe. Damals hatte ich nur ein einziges Mal die Verantwortung, ein Boot (einen Vierer) mit Siegchance bei einem großen Turnier an die Startlinie und nach Plan auch über die Ziellinie zu steuern. Dummerweise kam bei dem Weg zum Start ein Einer entgegen. Der war im toten Winkel. Und dann gab es einen großen „Ratsch“ und nur noch zwei halbe Einer...und einen Vierer, der das Turnier nicht mehr fahren konnte. 16.000 Mark Schaden. Das war das Ende meiner Karriere als Steuermann. Ich hab freiwillig das Handtuch geworfen.

Mit dieser Geschichte im Hinterkopf erblicke ich es schon, das erste Schiff auf Kollisionskurs und ich am Steuer. Woher soll ich denn wissen, wer jetzt Vorfahrt hat. Lee vor Luv, Backbordbug vor Steuerbordbug...was weiß ich denn, was jetzt wo ist und wer hier Vorfahrt hat. Der Kahn ist gefühlt schon zum greifen nahe. Könnte mir jetzt mal langsam einer sagen, was hier zu tun ist? „Wir sind ausweichpflichtig“, ruft der Segellehrer, der natürlich sofort die Situation überblickt hat. Krass. Wie macht er das?

An der Pinne muss ich auch die Manöver steuern und die Kommandos geben. Die Kommandos hätte ich mir aber besser noch einmal anschauen sollen. Ich bin völlig überfordert von den ersten Eindrücken. Ich seh noch wie nebenan gerade ein Segler in einer Böe gekentert ist. Und dann soll ich auch schon wenden. „Alles klar zur Wende“...weiß ich noch. Aber wie ging‘s dann weiter? Erstmal die Pinne falsch gelegt, Kommandos vergessen, alles durcheinander. Jetzt auch noch halsen. Was weiß ich denn, wie ich die Pinne legen muss, Keine Ahnung, wann ich auf die andere Seite kann. Ich will einfach nur geradeaus fahren in die unendlichen Weiten des Wannsees und der Havel. Irgendwie bekomm ich es hin. Der Segellehrer drückt mir seine Anerkennung aus, ich würde mich ganz gut anstellen bei den Windverhältnissen. Keine Ahnung ob er mir nur Mut machen will. Ich fühle mich völlig überfordert und hab keine Ahnung, wie ich es je um die Welt schaffen soll.

Trotz aller Überforderung, das Dahingleiten durchs Wasser und der Spaß, bei starker Krängung alles aus dem Boot herauszuholen und die Erkenntnis, ganz ohne Motorengeräusch und nur vom Wind getrieben das Motorboot rechts von uns zu überholen ist ein Wahnsinnsgefühl. Ich will mal wieder mehr. Viel mehr. Nach dem Anlegen schaue ich sobald als möglich auf meinen Terminkalender, um die nächste Segelstunde zu identifizieren. Überglücklich fahre ich ins Osterwochenende zu meiner Familie. Nur eine Woche bis zum nächsten Törn!